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Kirche in 1Live | 16.01.2017 | floatend Uhr
Festessen
„Bringst du wie im letzten Jahr wieder viele leckere Sachen mit?“, fragt mich Jackie aus der WG. „Klar!“, rufe ich und mache mich auf den Weg. Ich arbeite auf einer großen Lebensmittel-Messe. Heute ist der letzte Tag, und da hauen die Stände alles raus, was sie nicht wieder mitnehmen können: tollen Käse, frisches Brot und Gebäck, Fleisch und Wurst, manchmal auch Wein, Olivenöl oder Gewürze.
Wie viele andere habe ich extra ein paar geräumige Taschen mitgenommen, um möglichst viele Leckereien einpacken zu können. Und man kommt da echt schnell ins Hamstern. Hier ein bisschen was, da ein bisschen was … das wird ein Festessen heute in der WG! Bis ich zu einem Stand komme, an dem nichts zu holen ist. Dabei gibt es dort leckere Meeresfrüchte … sogar Austern haben sie. Und ein Schild, auf dem ganz klar steht: „Unsere Waren gehen alle an die Kölner Tafel.“ Ich hab's kaum gelesen, da sehe ich auch schon die Männer und Frauen in den dunkelblauen T-Shirts auftauchen, um die bereits für sie verpackten Fischwaren abzuholen.
Plötzlich schäme ich mich ein bisschen für meine Gier. Ich bin ja nicht wirklich darauf angewiesen, hier auf Lebensmittel-Beutezug zu gehen. Ganz anders als die vielen bedürftigen Menschen, die ohne die Tafel gar nicht über die Runden kämen. Die Vorstellung, dass sie heute mal Austern und Hummer essen können, finde ich total schön. Ich hole den Weißwein, den ich grade erst ergattert hatte, aus der Tasche und gebe ihn den Tafel-Mitarbeitern. „Hier! Der passt gut zum Fisch!“, sage ich.