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Kirche in 1Live | 20.09.2017 | floatend Uhr
Zugfahren
Ich fahr Zug und finds einfach super. Ich fahr zur Arbeit, zum Shoppen und zu Freunden und Familie. Zugfahren ist ein richtiges Hobby für mich geworden. Es hört sich verrückt an, aber es ist halt so.
Wenn ich das meinen Mädels erzähl, schlagen die immer die Hände übern Kopf zusammen: „Wir können uns das genau vorstellen, wie du immer deine Sitznachbarn voll laberst!“ Ich würd jetzt auch nicht behaupten, dass das gelogen ist, aber das ist ja auch gar nicht so leicht: früh morgens sind die Züge rappel voll, aber mega still. Alle starren aufs Handy und müssen irgendwo hin.
Wenn ich dann abends zurückfahre ist eigentlich auch nichts los, weil die Leute ja schon den ganzen Tag sprechen mussten und der Junggesellenabschied im Fahrradabteil nervt da eher, als die Stimmung zu heben.
Meine bisherigen Erfahrungen sagen also, dass es relativ schwierig ist, während der Fahrt mit Leuten zu reden.
Aber es passiert doch und zwar immer wieder. Nämlich genau dann, wenn etwas Außergewöhnliches passiert.
Außergewöhnlich ist zum Beispiel, wenn das Licht im Zug ausgeht und mein Sitznachbar zu Hause Bescheid gibt, dass es später wird, weil „Dementoren den Zug angegriffen“ haben. Da kann ich halt nicht anders als mich schlapp lachen. Und die anderen scheinbar auch, denn auf einmal ist diese komische Ruhe weg und die Leute lachen und kommen ins Gespräch.
Ich glaub ja, dass wir alle Herdentiere sind und Gemeinschaft ist, zumindest für mich, super wertvoll. Und wenn ich mich mit meinem Sitznachbarn unterhalte geh ich kein Risiko ein – er wird aussteigen und ich auch. Bis dahin haben wir beide einfach ne gute Zeit. Zusammen. Und außerdem lässt es sich gemeinsam ja auch viel besser gegen Dementoren im Zug ankämpfen.
Julia Kösters
Köln
