Grüne Kathedrale

Ich muss ehrlich sagen: So ein Outdoor-Typ war ich ja noch nie. Zelten ist nicht mein Ding und überhaupt fühle ich mich wohler, wenn ich in der Nähe von Strom, fließend Wasser und Internetanschluss bin. Aber gut, es sind besondere Zeiten und deshalb muss ich jetzt gestehen: Gerade finde ich es nirgendwo so entspannend wie im Wald.

Gott sei Dank hat uns ja die Pandemie nicht im November erwischt. Statt viel grau brauche ich also nur in den Wald zu gehen, um zu sehen, dass überall neues Leben entsteht. Das ist echt gut, das zu sehen, weil mein Leben sonst gerade ziemlich still steht.

Und dann erinnere ich mich wieder dran, dass manche Leute die Natur als fünftes Evangelium bezeichnen. Zusätzlich zu den vier Evangelien aus der Bibel. Dass heißt ja dann, dass ich draußen in der Natur genauso was über Gott erfahren kann, wie in der Bibel. Das kann ich mir mittlerweile echt gut vorstellen. Ich kann zwar nicht ausblenden, wie genervt ich von den Einschränkungen meines Alltags bin und welche Angst mir die ganze Entwicklung auch macht. Aber irgendwie tut es mir gut zu sehen, dass rundherum die Natur ihr Ding macht. Dass da alles seinen gewohnten Gang geht, Bäume austreiben, Tiere ihre Jungen kriegen und überhaupt das meiste weiterläuft als wäre bei uns Menschen nix Besonderes los. Zum Outdoor-Typ werde ich dadurch trotzdem nicht, aber ich weiß jetzt, wo ich hinmuss, wenn mal wieder sehen und hören muss, dass das Leben weitergeht. Trotz allem.

Christian Schröder, Aachen