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Kirche in 1Live | 02.12.2020 | floatend Uhr
„Schnitzelbrötchen“
Wenn wir früher unterwegs waren, gab es immer Schnitzelbrötchen als Reiseproviant. Keine Reise ohne diese großartige Mahlzeit. Als mein Vater ziemlich plötzlich seine letzte Reise antrat und wir um sein Krankenbett standen, da grummelten uns bei all der Trauer und der Angst auf einmal unsere Mägen. Wo sollte man jetzt in einem Krankenhaus in Coronazeiten etwas zu Essen herbekommen?
Ich rief meinen Freund zu Hilfe und sagte, er solle uns etwas zu Essen bringen, egal was. Er reichte uns 3 Schnitzelbrötchen herein und ich fragte mich, was das sollte, wir waren doch nur zu zweit: Meine Mutter und ich. Mit schlechtem Gewissen, aber von Hunger geplagt, setzten wir uns etwas weiter von meinem Vater entfernt an den kleinen Tisch in seinem Krankenzimmer und aßen. Die Sorgen waren fast vergessen, wir erzählten von vergangenen Urlauben, von Familienfesten, lustigen Ereignissen.
Auf einmal merkten wir, dass mein Vater ganz anders atmete. Erschrocken standen wir auf. Dann ging er ganz sanft und behutsam von uns. Es war nur ein ganz kurzer Moment, erst erschreckend und dann voller Frieden und leicht. Der endgültige Abschied von ihm war sehr schwer und unsagbar traurig, doch abends in meinem Bett fing ich auf einmal an, zu lächeln: Ja, eine Reise treten wir in unserer Familie niemals ohne Schnitzelbrötchen an. Und das dritte, das war für ihn. Wie schön, dachte ich, und unsere Reisen waren immer so, dass wir uns am Ende wiedergesehen haben oder dass derjenige, der nicht mitreisen konnte, immer irgendwie auch dabei war.
Sprecherin: Alexa Christ
Redaktion: Daniel Schneider
