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Kirche in 1Live | 04.03.2021 | floatend Uhr
Damengambit
Schach ist total langweilig. Zwei Leute sitzen sich gegenüber, überlegen lange, ab und zu bewegt einer eine Figur. Zum Einschlafen. Dachte ich jedenfalls. Bis ich vor kurzem die Netflix-Serie „Das Damengambit“ gesehen habe. Ich hätte es vorher nicht gedacht, aber die Serie erzählt eine Geschichte rund um Schach, die richtig spannend ist. Von einer Außenseiterin, die durch Schach die Chance bekommt, berühmt zu werden. Es gibt sogar schon Untersuchungen, dass durch die Serie plötzlich deutlich mehr Schachspiele verkauft werden und immer mehr Leute online Schach lernen.
Während
der Serie hab ich immer wieder an Tobias gedacht.
Tobias wohnt in meiner Nachbarschaft. Über gemeinsame Bekannte haben wir
relativ oft miteinander zu tun. Wir sind gleich alt, ich finde ihn sympathisch
- wir könnten Freunde sein. Aber jedesmal ist es ein bisschen anstrengend,
etwas zu finden, worüber ich mich mit ihm unterhalten kann, weil wir total
unterschiedliche Interessen haben. Egal, wovon er anfängt zu erzählen - mich
interessiert das Thema meistens nicht so wirklich und umgekehrt ist es
genauso.
Und deswegen bleiben unsere
Gespräche meistens ziemlich oberflächlich.
Ich weiß nicht, ob Tobias auch Schach mag, aber als ich die Netflix-Serie gesehen habe, ist mir klar geworden, dass es vielleicht gar nicht so wichtig ist, ob wir uns für dieselben Dinge interessieren. Alles kann spannend sein, wenn mich der Mensch dahinter interessiert. Was fasziniert ihn daran? Warum ist das wichtig für ihn? Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, will ich das ein bisschen besser verstehen. Sogar wenn er anfängt über Schach zu reden.
Christian Schröder, Aachen
