Anna, Gott und der Rollstuhl

Sie kam in letzter Minute. Raste auf den Altar zu, bremste scharf ab, nahm erneut Anlauf und drehte sich im Kreis. Echt cool!

Es war, als würde sie mit Gott tanzen. Oder fangen spielen. Es war wie ein Gespräch zwischen ihr und Gott. Die anderen hat sie gar nicht wahrgenommen.

Die Gemeinde, den Pfarrer, die Musiker. So habe ich sie kennengelernt. Anna mit ihrem Rollstuhl.

Seit ihrer Geburt leidet sie an einer Muskelschwäche. Dass sie noch lebt ist ein Wunder. Die Ärzte hatten ihr zwei Jahre gegeben. Mittlerweile ist sie acht.

Rumpf, Kopf, Arme, Beine … alles ist fixiert an dem Rollstuhl. Nur ihren Zeigefinger kann sie ein wenig bewegen. Und mit ihm fährt sie Rollstuhl. Mit ihrem Zeigefinger gibt sie Gas, bremst, biegt ab und fährt sogar rückwärts.

Je länger ich Anna kenne, desto mehr wundere ich mich. Nicht über Anna, sondern über mich selbst.

Normalerweise fragt man sich doch irgendwann: Was soll das? Warum ist sie krank … das ist doch voll ungerecht.

Bei Anna ist das anders. Irgendwie habe ich das Gefühl, es war schon immer klar: So wie sie ist, sollte sie auf die Welt kommen. Das hat irgendwas mit Gott zu tun. Nach dem Motto: Du gehörst zwar zu mir, aber jetzt musst du auf die Erde. Und ich verspreche dir: Da soll es dir gut gehen.

Ich glaube Gott hat sein Wort gehalten. Oder würde Anna sonst mit ihm tanzen?

Sprecher: Daniel Schneider