Abgebrannt

»In wenigen Momenten war alles weg, mein ganzes Leben«, sagt Thorben und blickt auf den Boden. »Krass«, denke ich und weiß nicht, was ich sagen soll. Thorbens Dachwohnung, in der er mit seiner Freundin gewohnt hat, ist im Dezember komplett ausgebrannt. Die Feuerwehr meint, es müsse ein Defekt an einem elektrischen Gerät gewesen sein, vielleicht ein Kurzschluss.

Er ist mit Lena für‘s Erste bei Freunden untergekommen, doch die haben nur eine kleine Mietwohnung – da müssen alle gerade ziemlich zusammenrücken. »Die ganzen Erinnerungen sind auch weg«, sagt Thorben, »die Fotos aus meiner Kindheit, die Unterlagen aus dem Studium, da war nichts mehr zu retten, nur eines: unser Leben.« Er blickt auf und sieht mich an. Ich muss schlucken.

»Weißt du, manchmal stehe ich immer noch richtig unter Schock«, erklärt er, »und im nächsten Moment bin ich unglaublich dankbar: Wir leben noch! Dann könnte ich heulen und weiß nicht, ob aus Verzweiflung oder Dankbarkeit. Und: Echter habe ich wohl noch nie in meinem Leben Weihnachten gefeiert.« Hä? Wie meint er das denn? »Na, was steht da in der Weihnachtsgeschichte? Sie hatten keinen Raum in der Herberge. Übersetzt: Kein Dach über dem Kopf. Ich kenne das Gefühl jetzt ziemlich gut« Thorben lacht und ich kann mitlachen. »Aber: Wir haben zu essen und zu trinken und einen Schlafplatz – und wir haben so viel Unterstützung erfahren, das hätte ich nie für möglich gehalten. Ich glaube, ich habe da was begriffen: am Ende zählen Menschen, nicht Dinge.«

Sprecherin: Lisa Kielbassa

Redaktion: Daniel Schneider