Gleichgewicht

Glauben bedeutet Suchen. Wenn ich das sage, dann meine ich damit, dass der Glaube
beweglich ist. Glauben ist ein Balanceakt.
Ich weiß nicht, kennt ihr diese Balancierbretter, die unterhalb eine kleine Erhöhung in der
Mitte haben? Auf die kann man sich links und rechts so draufstellen und versuchen, ne
kleine Holzkugel einfach nur durch die eigene Balancierfähigkeit oder eben -unfähigkeit
durch ein kleines Labyrinth zu schleusen. Kennt Ihr die Dinger?
Nee? Ist auch eigentlich egal. Stellt euch einfach vor, ihr steht auf so nem Brett und versucht
das Gleichgewicht zu halten, kippt dann aber halt immer irgendwann runter.
So. Und jetzt ne Frage:
Ist der Glaube dabei das Brett? Mit dem man behutsam umgehen muss, vorsichtig und nach
bestimmten Regeln, damit wir nicht umfallen? Und ist Glauben dann auch so anstrengend,
wie auf diesem Brett klar zu kommen? Dann wäre das bei mir ziemlich hoffnungslos,
Balancieren ist nicht so mein Ding…
Aber: ich denke eher, Glaube kann das Gleichgewicht sein, das euch auf dem Brett hält.
Wenn einen das Leben grad mal wieder fast umgenietet hätte. Der Glaube hilft, dass wir mit
den Schwankungen besser klarkommen und nicht beim ersten lauen Wind gleich aus den
Latschen kippen. Wie ne Art innere Ruhe und Sicherheit, auf die man sich aber natürlich
auch erstmal einpendeln muss. Die wird eben nur gefunden, wenn sie auch gesucht wird.
Mir hat mal jemand gesagt: Ich möchte nicht, dass auf meinem Grabstein eine Aussage
steht. Ich will, dass da ne Frage steht.
Warum zitiere ich das jetzt? Weil ich auf der Suche bin: Nach dem nächsten Schritt auf dem
Lebensweg, dem richtigen Beruf, Sinn und Erfüllung.
Und wenn‘s mich bei jeder Frage direkt umhauen würde, läg‘ ich ganz schön oft am Boden.
Simon Deregowski, Köln.