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Kirche in 1Live | 16.03.2022 | floatend Uhr
Der jüdische Friedhof
Kieselsteine, ein paar wackelige Bauzäune und ziemlich viel Gestrüpp: Jeden Tag komme ich in Havixbeck an einem abgerockten Feld vorbei. Was das mal war oder was das mal werden soll – ey, lange hatte ich keinen Plan. Ich bin aber von Natur aus neugierig. Und deshalb schlängele ich mich zwischen Coladosen und Brombeersträuchern durch und gucke über die Mauer am anderen Ende. Ich erkenne sofort: Das ist doch ein alter jüdischer Friedhof. Hier mitten im Dorf. Nicht nur durch das abgerockte Feld davor wird klar: So richtig kümmert sich wohl niemand um diesen Friedhof. Das kleine Tor auf der anderen Seite ist abgeschlossen und das Gras wächst hoch auf dem jüdischen Friedhof. Ich gucke auf die schiefen Grabsteine. Heute gibt es hier gar keine jüdische Gemeinschaft mehr. Aus Münster weiß ich, dass 1941 alle Jüdinnen und Juden versammelt wurden. Von Münster aus wurden sie nach Riga ins Ghetto deportiert. Die meisten haben den Holocaust nicht überlebt. Auch die Menschen aus meinem Dorf. Und jetzt, 80 Jahre später, ist dieser kleine alte Friedhof hinter dem abgerockten Feld das einzige, das überhaupt noch an jüdisches Leben hier erinnert. Das ist so furchtbar... Damals begann alles mit bösartigen Lügen über eine Gruppe von Menschen, mit falscher Propaganda und mit einem wahnsinnigen Diktator, dem viel zu lange alle nur zugeschaut haben, ohne was zu tun oder den Mund aufzumachen. Ich hoffe wirklich, dass wir alle das ernst meinen, wenn wir immer sagen: „Nie wieder!“
Ela Kornek, Münster
