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Kirche in 1Live | 11.03.2022 | floatend Uhr
Traumabewältigung
Sina gibt mir ne komplett auseinandergebogene Büroklammer. Völlig verdreht und verzogen. „Hier“, sagt sie, „bring die mal wieder in die normale Form.“ Ich nehme die Klammer und biege sie zurück. Aber… So richtig zufrieden bin ich nicht.
„Klappt nicht so gut“, sage ich. Die Klammer ist noch voller Knicke und Beulen. „Genau“, sagt Sina. Sie ist Psychologin und arbeitet mit traumatisierten Kindern. Mit der Büroklammer zeigt sie mir, wie es den vielen Menschen geht, die gerade aus der Ukraine kommen. Oder genauer: Wie ein Trauma wirkt. Die Menschen haben von heute auf morgen ihre Wohnungen verlassen. Sie mussten fliehen. Vorbei an Bombenkratern, Ruinen - und Leichen. Diese Bilder, Geräusche und Gefühle, werden vor allem die Kinder ihr Leben lang nicht mehr vergessen.
„Und das ist dann so wie mit der Büroklammer“, sagt Sina. Die Seelen der Leute sind verbogen und geknickt. Und einige Knicke werden ein Leben lang bleiben. Ein Trauma.
Damit möglichst wenig Knicke und Beulen bleiben, müssen wir jetzt den Menschen schnell helfen. Ihnen zum Beispiel einen sicheren Ort geben, an dem sie erstmal bleiben können. Sie versorgen und – vor allem – mit ihnen sprechen. So können sie das Erlebte zumindest so gut es geht verarbeiten. Und übrigens, sagt Sina: Die Sprachbarriere ist schnell überwunden.
Traumatisierten Menschen zu helfen ist eine echte Herausforderung. Wer das jetzt tut, muss auch auf sich selbst achten. Hilfreiche Links und Infos gibt es zum Beispiel auf der Internetseite des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Daniel Schneider