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Kirche in 1Live | 27.04.2022 | floatend Uhr
Tonis Uroma
Tonis Uroma hat neulich in
Erinnerungen gekramt. Sie hat alte Fotos und Postkarten aus dem Album geholt
und in die Familien-Whats-App-Gruppe gestellt. Auf einer Karte steht „Liebes
Bärbelchen, ich wünsche dir von Herzen alles Gute. Wie gerne wäre ich bei euch
und würde für euch sorgen. Vielleicht kommt die Zeit recht bald, dass wir
wieder alle zusammen sein können. Bestelle an Mutti, Eva und alle anderen viele
Grüße und sei lieb gegrüßt von deinem Vati.“ Die Karte ist jetzt 76 Jahre alt.
Tonis Uroma hat sie zu ihrem 10. Geburtstag bekommen, als ihr Vater in
russischer Gefangenschaft war. In die WhatsApp-Gruppe hat sie noch geschrieben:
„Guten Morgen Familie, das was jetzt in der Ukraine passiert, hat Eure
Mutter, Großmutter und Urgroßmutter 1944
erlebt, Flucht in vollen Zügen und Angst,
deshalb mein volles Mitgefühl. Euch alles Gute und liebe Grüße.“
Der Krieg in der Ukraine lässt
Erinnerungen hochkommen - und das alte Feindbild von damals, das längst verschwunden
war. Ein Gefühl, dass wir – Gott seid Dank – nicht kennen. Wir wissen nichts vom
Schmerz der Mütter und Väter, Omas und Opas, Uromas und Uropas, die irgendwo
auf der Welt einen Krieg überleben mussten und den sie tief in sich vergraben
haben. Damals mussten sie sich und ihre Lieben in Sicherheit bringen. Und sie
haben ihre Lieben vermisst, die im Krieg waren. All das kennen wir nur aus den
Erzählungen unserer Vorfahren. Für die Menschen der Ukraine ist das hier und
jetzt Realität.
Wir können nur denen zuhören, die uns davon erzählen, wie schrecklich der Krieg ist. Und daraus lernen, damit Toni mit ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln in 80 Jahren die Erinnerung an Frieden teilen kann.
Martin Kürble, Düsseldorf