Neues Drehbuch

Bin auf dem Weg ins Kino. Nur noch Hossein abholen. Hab Bock auf den Film. Ich liebe den Regisseur und seine Drehbücher. An der Ampel muss ich halten.

Mir geht diese Situation auf der Arbeit nicht aus dem Kopf. Eine Kollegin bat mich, in ein Projekt einzusteigen. Ich mag sie. Aber auf das Projekt hab ich keinen Bock. Stehe nicht dahinter. Ich bekomme schon Bauchschmerzen beim Gedanken daran. Sie fragte mich und ich dachte: „No way!“, und hörte mich sagen: „Ja - gerne!“

Wie ich mich über mich ärgere. Die Ampel wird grün. Warum gelingt es mir nicht zu mir zu stehen?
Ich komme bei Hossein an. Er steht noch nicht da. Eigentlich werden wir doch als weißes Blatt Papier geboren. Und dann schreiben andere ein Drehbuch drauf. Eltern, Ausbilder:innen und Onkel Karl. So hat man zu sein. In meiner Familie sollte immer Harmonie herrschen. Und ich ärgere mich, dass ich das auch so mache.

„Warte mal!“ Wenn mich was an mir ärgert, dann ist es doch ein Zeichen, dass es nicht zu mir gehört. Dass dieses Drehbuch nicht meines ist. Ich krame einen Zettel raus. Ich kritzel: Harmoniesucht gehört nicht zu mir. Hab ich von euch gelernt. Nehmt es zurück. Nicht mein Drehbuch.

Ich falte den Zettel und merke, dass alleine diese kleine Notiz schon wie ein neuer Anfang ist. Ich beginne mein eigenes Drehbuch zu schreiben und zu mir zu stehen.
Hossein öffnet die Beifahrertür. Er schaut in mein grinsendes Gesicht. „Was fährst du denn fürn Film?“, fragt er. „Meinen ganz eigenen!“, sage ich und gebe Gas.

Sprecher: Jan Primke

Redaktion: Daniel Schneider