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Kirche in 1Live | 04.05.2023 | floatend Uhr
Schweigen
Leonie hat sich von ihrem Freund getrennt. Und sie waren echt lange zusammen. Wir haben während des Studiums zusammengewohnt und ich erinnere mich an viele Gespräche über ihre Beziehung. Sie hat mir mal gesagt: „Lukas nimmt mich immer direkt in den Arm und versucht mich zu trösten - der hält es einfach nicht aus, wenn ich weine, dabei ist mir das in dem Moment zu schnell!“ Sie hatte immer mehr das Gefühl, dass in der Beziehung kein Raum für negative Gefühle und bedrückende Themen war – die aber da waren. Er wollte helfen und schnell Lösungen schaffen.
Es gibt aber dieses Schwere: Misserfolge, Gespräche, enttäuschte Erwartungen, Körperliches – das, was schwierig ist und auch schwer zu ertragen. Das braucht Raum und muss vielleicht ausgehalten werden, um es genauer wahrzunehmen. Ohne im Selbstmitleid oder Weltschmerz unterzugehen – echt ein Spagat. Vielleicht geht es eigentlich genau um diesen Spagat – was ist wann dran? „Schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit“, ist ein Satz aus dem biblischen Buch des Predigers – dies ist nur eines von ganz vielen Gegensatzpaaren, zwischen denen sich das Leben abspielt.
Voll bewusst, dass es negatives Schweigen gibt, das feige sein kann oder ignorant, hilf- und sprachlos, steht es hier gleichberechtigt neben dem Reden. Schweigen als Form des Zuhörens. Zu schweigen kann besonnen sein, auf einen Zeitpunkt warten. Vielleicht habe ich dann genug gehört, oder mein Gegenüber ist bereit für eine Reaktion.
Reden ist Silber – Schweigen ist Gold? Nicht immer passt das – aber manchmal schon.
Sprecherin: Lisa Kielbassa
Redaktion: Daniel Schneider
