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Kirche in 1Live | 18.11.2023 | floatend Uhr
Mir fehlen die Worte
Mein bester Kumpel Salih ruft an. „Jan, hast du einen Moment?“ „Ja!“, sage ich. „Ich war mit Nesrin heute morgen im Krankenhaus,“, sagt er, „der Krebs ist wieder ausgebrochen.“ Dann erzählt Salih und ich höre zu. Die ganze Zeit frage ich mich, was ich sagen soll. Und dann sage ich: „Salih, es tut mir leid. Fühle dich umarmt.“ Es kommt mir so dünn vor. Ich schiebe hinterher: „Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr helfen konnte.“ „Hast du schon“, sagt Salih. „Du hast mir zugehört!“. Bevor Salih auflegt, verspreche ich, mich auch bei Nesrin zu melden. Aber ich traue mich nicht. Ich kann doch gar nicht helfen. Weiß nicht was ich sagen soll. Ich habe Angst vor dem Anruf.
Für Menschen, die schwer erkrankt sind oder durch eine Krise gehen ist mein Verhalten doof. Sie wissen nicht, dass ich einfach Schiss habe. Bei ihnen kommt an: Niemand sieht mich. Ich bin alleine. Menschen in einer schwierigen Situation haben nicht den Anspruch, dass man ihr Problem löst oder perfekt reagiert. Oft wollen sie wirklich nur erzählen. Das weiß ich.
Nach tagelangem Wegducken treffe ich eine Entscheidung. Ich werde jetzt einfach anrufen und ganz ehrlich sein. Das Telefon klingelt. Nesrin geht ran „Hi Nesrin!“, sage ich. „Salih hat mir erzählt, dass dein Krebs wieder ausgebrochen ist. Mir fehlen die Worte!“.
Du brauchst keine Worte, wenn du eine Freundin unterstützt. Sag was ist: „Mir fehlen die Worte!“ Zuhören und eine Umarmung sind das Beste was du geben kannst.
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel