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Hörmal | 09.11.2014 | 07:45 Uhr

Mauerfall

Auf meinem Schreibtisch im Kloster steht ein winziges Stück der Berliner Mauer. Das kleine Mauerstück ist für mich fast so etwas wie eine Reliquie, die mich immer wieder an das dunkle Kapitel der Zweiteilung Deutschlands erinnert – und an ihre Überwindung. Als die Mauer 1961 errichtet wurde, war ich noch nicht geboren. Als sie 28 Jahre später, am 09. November 1989 fiel – also genau heute vor 25 Jahren –, studierte ich in Bonn, damals noch Bundeshauptstadt. Wenige Wochen vor dem Mauerfall hatte ich in der Bonner Innenstadt Michail Gorbatschow gesehen, wie er stürmisch bejubelt wurde wegen seiner Politik der Glasnost und Perestroika, also der Offenheit und der Veränderung. Optimismus und Hoffnung lagen in der Luft, dass es mit dem kalten Krieg zu Ende gehe, vor allem mit dem Wettrüsten. Aber an die Wiedervereinigung hatte zu der Zeit so recht niemand wirklich geglaubt.

Auch heute noch kommt es mir fast wie ein Wunder vor, dass die Wiedervereinigung auf friedliche Weise und ohne Blutvergießen geschehen ist.

Ich habe einen Mitbruder aus meinem Kloster gefragt, der in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist und nach der Wende bei uns ins Kloster eingetreten ist, wie er sich den Mauerfall erklären würde.

Seine Antwort hat mich überrascht: „Das Wunder“, sagte er mir, „bestand darin, dass die Angst durch die Menschen überwunden wurde, die Angst vor Verfolgung, Unterdrückung und Benachteiligung, die systematisch vom SED-Staat geschürt wurde.“ Und er fügte hinzu: „Ist es denn nicht häufig so, dass etwas aufbricht, wenn Menschen massiv unterdrückt werden durch Drohungen und Angst?“ Er setzte den Mauerfall in Verbindung mit dem Alten Testament und der Geschichte vom Aufbruch der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten. Damals habe das Volk Israel seine Angst vor der Unterdrückung durch die Ägypter überwunden und den Aufbruch, ins gelobte Land gewagt – mit Erfolg. Später haben die Israeliten diesen mutigen Exodus gedeutet als ein wunderbares Eingreifen Gottes in ihre Geschichte.

Vielleicht liegt das wirkliche Wunder tatsächlich darin, dass Menschen ihre Ängste überwinden und so Größeres leisten, als sie sich selbst bis dahin vorgestellt und zugetraut haben.

Heute, 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, denke ich mir, geht es auch wieder um die Überwindung von Ängsten. Denn Ängste beherrschen derzeit die politischen Debatten und werden zum Teil bewusst geschürt: Ängste vor sozialen Veränderungen, vor allem aber Ängste vor der Überfremdung durch Ausländer, die aus den osteuropäischen Staaten zu uns kommen, Ängste vor der Zunahme an Kriminalität und Gewalt durch Immigranten, Ängste vor dem Ausbluten des Sozialstaates.

Für mich wirkt das wie der Bau neuer Mauern, nicht zwischen Staaten, sondern zwischen Menschen, geschürt mit der Angst vor allem vor dem Anderen und Fremden. So gesehen muss der Mauerfall eigentlich auch heute noch weiter gehen, indem nämlich genau diese Ängste überwunden werden und der Schritt auf den Nächsten zu gewagt wird, egal ob er Ossi, Wessi, Migrierender oder Ausländer ist. Wenn das Wunder des Mauerfalls darin bestand, geschürte Ängste zu überwinden, dann ist der Mauerfall eine Aufgabe, die immer noch weitergeht.

Copyright Vorschaubild: Siyoblog CCBY-SA 2.0 flickr

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