Besinnungslos

Ich mach den ganzen Besinnungsstress diesmal nicht mit. Der Advent hat gerade begonnen und ich habe mir vorgenommen: Kein Besinnungsstress! Dieses Ideal, dem ich ja doch ständig nur hinterher laufe.

Als gäb es mit allen anderen stressigen Weihnachtsvorbereitungen nicht schon genug zu tun. Also nicht noch fünf Adventskalender auf Facebook, drei Konzerte und abends eine halbe Stunde in eine Kerze gucken. Wer so organisiert ist, dass er das schafft: Ist ja wunderbar. Mich setzt das manchmal nur noch mehr unter Druck.

Christen feiern an Weihnachten, dass Gott Mensch wird. Und der Advent ist die Vorbereitung darauf. Klar. Aber ich glaube, das hat nicht den Sinn, sich in den Wochen vorher einem Besinnungsmarathon auszusetzen.

In den Bibeltexten, die meine Kirche im Advent liest, ist auch nicht viel von Besinnung die Rede, von Gemütlichkeit, von Rückzug. Da geht es mehr um Hoffnung auf ein besseres Morgen, um Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Da wird von einer ärmlichen Familie erzählt, in der die hochschwangere Frau sich noch einer beschwerlichen Reise aussetzen muss, weil ihr Lebensgefährte von der Besatzermacht zur Registrierung in Meldelisten gedrängt wird. Die, die auf der Reise nach Bethlehem waren - wo sie noch nicht mal eine ordentliche Unterkunft finden, die werden alles gemacht haben, was anstrengend ist, aber keine abendliche Schweigemeditation oder sowas ähnliches. Wie Gott ausgerechnet in diesem verkorksten Start Mensch wurde, und was das mit seiner Liebe zu den Menschen zu tun hat - jenseits aller Besinnlichkeiten - davon erzählt für mich Weihnachten.

Ich freu mich auf die kommenden Tage, auch wenn sie anstrengend werden könnten. Und ich freu mich darauf, mich hier und da unterbrechen zu lassen. Vielleicht mal die Dunkelheit wahrzunehmen (und einmal nicht über sie zu fluchen), und zu sehen, was für Lichter es darin gibt, wenn ich im Dunkeln zur Arbeit oder nach Hause fahre.

Das hat auch was mit Advent zutun.

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