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Kirche in WDR 2 | 13.01.2015 | 05:55 Uhr
Bauanleitung der Arche Noah gefunden
Bauanleitung der Arche Noah gefunden“: Was für eine Schlagzeile! „Das wär’ ja mal was“, denke ich mir, beiß ins Brötchen, und lese weiter. Rund wie eine Ret-tungsinsel soll die Arche gewesen sein. So jedenfalls steht es auf einem Plan oder vielmehr auf einer rund 4.000 Jahre alten Tontafel. Das kostbare Stück ist nur so groß wie ein Handy. Vor einem Jahr wurde es in London erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Tafel stammt aus dem alten Mesopotamien, dem heutigen Irak. Ein Archäologe hat die Keilschrift entschlüsselt: Irgendein Gott gibt darin Anweisungen für den Bau eines großen Schiffes – knapp halb so groß wie die Grundfläche vom Kölner Dom. Aber das Aussehen überrascht. Geschildert wird nicht ein kantiges Schiff mit spit-zem Bug, also die klassische Arche-Noah-Form, sondern ein rundes Boot aus Seilen und Holz, das mit Pech bestrichen werden sollte. Im alten Mesopotamien waren solche Schiffe als Flussboote üblich. Sie halten reißenden Fluten stand und sinken nicht. Als Rettungsboote sind sie super, aber wohl eher schlecht geeignet, um eine bestimmte Strecke zurückzulegen. Ingenieure wollen so ein Boot nun nach der antiken Anleitung nachbauen.
Dahinter steht die spannende Frage: Hat es die Arche Noah wirklich gegeben? Wie in der Bibel ist auf der Tontafel die Rede davon, dass die Tiere paarweise auf dem Schiff die Sintflut überleben sollen. Das Interesse am Mythos „Arche“ hat sich bis heute gehalten. Ich habe den Eindruck, dass die Arche Noah heute geradezu in Mode ist. Letztes Jahr kam sogar ein opulenter Film ins Kino. Vielleicht passt das zu unserem Gefühl von Unsicherheit und unserem Bedürfnis danach, gerettet zu werden – wir sehnen uns nach einem Rettungsboot im übertragenen Sinne.
Wenn ich heute an die Arche Noah denke, dann muss ich an die Menschen aus dem Irak denken. Sie leben dort, wo einst Mesopotamien war. Wie viele wünschen sich gerade ein wie auch immer geartetes Rettungsboot, um mit ihrer Familie zu überleben. Wir in Europa können helfen, dass diese Menschen einen sicheren Ha-fen ansteuern können. Wir sollten ihre Rettungsboote nicht abweisen, mit denen sie mehr schlecht als recht übers Mittelmeer fliehen. Europa kann jetzt zeigen, dass es keine abgesicherte Festung ist, sondern vielleicht genau das, was auf dieser 4.000 Jahre alten Tafel beschrieben ist: eine sichere Arche. Das Rettungsboot unserer Tage steuern wir selbst.