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Hörmal | 05.07.2015 | 07:45 Uhr
Das virtuelle Feigenblatt
Autorin: Im Garten Eden erkannten Adam und Eva, dass sie nackt und durchschaubar waren. Dürftig schützen Feigenblätter die neu entdeckte Privatsphäre vor dem göttlichen Blick. Das war die analoge Welt – einfach paradiesisch. Heute leben wir im digitalen Zeitalter. Für Konzerne und Geheimdienste ist der Mensch längst durchsichtig. Nie zu vor gab der Einzelne so viel von sich preis. Nie zuvor wurde er so überwachbar. Big Data – so lautet das große Zauberwort für das große Datensammeln und Auswerten in Echtzeit. Können wir uns davor überhaupt schützen?
Oton: Die meisten wissen überhaupt nicht, was Big DATA ist. Und ich glaube, viele können sich auch gar nicht vorstellen, was für ein mächtiges Instrument das im Zweifelsfall sein kann. Sowohl auch wieder von einer nützlichen Seite wie von einer schädlichen Sinne.
Autorin: sagt Alexander Lehmann - Regisseur für animierte Kurzfilme. Im Internet ist er eine kleine Berühmtheit durch seine politsatirischen Videos. Besonders gern nimmt Lehmann die Vorratsdatenspeicherung aufs Korn. Zugespitzt gesagt: die Totale Überwachung:
Oton Film: Erst kürzlich haben wir herausgefunden, dass in Deutschland mehr als 82 Millionen versteckte Terroristen wohnen. Du bist einer davon. Deswegen überwachen und speichern wir nun für sechs Monate alle deine Aktivitäten.
Autorin: So beginnt das Video „Du bist Terrorist“. Es wurde über drei Millionen mal angeclickt. Deutlich wird: Unser Einkaufsverhalten und unsere Freizeitaktivitäten werden protokolliert. Konzerne wollen unsere Kaufentscheidungen lenken. Staatliche Behörden wollen terroristische Anschläge verhindern. Und das alles auf Kosten unserer Privatsphäre.
Oton: Also für mich bedeutet Privatsphäre,… das jeder Mensch einen Raum hat, in dem er denken und handeln kann, wie er möchte, ohne die Freiheit von jemanden einzuschränken, oder zu verletzen. Vor allem heißt das auch, dass man vom Staat in Ruhe gelassen wird, wenn man ein unbescholtener Bürger ist.
Autorin: Anonymität und Privatsphäre werden zu Luxusgütern. Verfügbar nur noch für jene, die technisch bewandert genug sind, um die Geräte zu kontrollieren, die sie benutzen. Anonym und privat bleiben natürlich aber auch jene, die dem technischen Fortschritt vollkommen entsagen. Die sog. Asketen.
Oton: Man selbst kann natürlich was tun, man kann z.B. seine emails verschlüsseln, man kann seinen Internetverkehr verschlüsseln. Und man könnte auch sein Smartphone wegschmeißen, das man weniger überwacht wird. Und vielleicht kann auch aufhören mit Payback Karten und EC Karten zu bezahlen und bezahlt nur noch in bar.
Autorin: Aber auch das würde wenig nutzen, solange Behörden, Ämter und Krankenkasse unsere Daten nicht sicher verschlüsseln. Es braucht Gesetze, die Missbrauch ausschließen. Aber viele fühlen sich einfach nur hilflos, oder meinen, ich habe doch nichts zu verbergen.
Oton: Man hat so eine übergeordnete Macht, von der man nicht weiß, was sie genau ist. Man weiß nicht, wo sie anfängt, wo sie aufhört. Man kann sich nicht wirklich ein Bild davon machen, weil alles in den Datenleitungen stattfindet und in Platinen und Chips und das eigentlich eher eine ziemlich bedrohliche Sache ist.
Autorin: Alexander Lehmann ist evangelisch getauft und konfirmiert. In seinem Freundeskreis spielt die Kirche keine Rolle mehr. Zu Unrecht findet er. Er fordert klare kirchliche Positionen zu Big Data:
Oton: Ich denke, dass die Kirchen das auf jeden Fall kritisch sehen, dass es einen Unterschied gibt zwischen Menschen, die jetzt Gott spielen. Und das geht jetzt so in die Richtung, wie die Voraussage von Verbrechen z.B. und wenn es um die Freiheit von Menschen geht.
