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Kirche in WDR 2 | 15.07.2015 | 05:55 Uhr
Meine alten Schuhe
Wenn ich ein Paar alte Schuhe in den Container gebe, werfe ich in der Regel einen letzten Blick drauf. Und ich frage mich, bei welchen Gelegenheiten sie eigentlich getragen habe: bei welchen Begegnungen, Schicksalsschlägen und freundlichen Ereignissen. Da schaue ich auf meine total ausgelatschten Halbschuhe und erinnere mich daran, was für eine Strecke Leben ich da wieder hinter mich gelegt habe. ich Bei dieser Art Schuhreflexion fällt mir so einiges ein, nicht nur Heldentaten, nein, auch Ungeschicktes, Frustrierendes und Niederschmetterndes – und ganz viel Alltägliches.
Und – typisch Mann von Kirche – mir fällt da am Schuhcontainer ein Kirchenlied ein: Wir haben Gottes Spuren festgestellt. Von Gottes Schuhgröße habe ich zwar noch nix gehört – er wird auch keine tragen. Aber das Lied passt zu meiner Schuhreflexion, zu meinem Abschied von den alten, ausgelatschten Schuhen.
Selbstverständlich werde ich mir auch wieder neue Schuhe kaufen, die gleichen wie die alten. Meine Frau wird dann wieder enttäuscht sein, da ich bei meiner Entscheidung auch diesmal wieder jeden modischen Impuls verweigert habe. Beim Anblick dieser neuen, klassischen, schwarzen Herrenhalbschuhe stelle ich mir dann erneut die Frage: Was werde ich in diesen Schuhen erleben? Wem werde ich darin begegnen? …Und wohin werden sie mit mir gehen?
Weil ich all das aber zum Glück nicht vorher weiß, vertraue ich darauf, dass diese neuen, klassischen Herrenhalbschuhe hauptsächlich Schritte machen werden, bei denen Gott mich begleitet. Dieser Gott, dessen Schuhgröße ich nicht einmal erahnen kann, weil sie gigantisch sein muss.
Ich habe Gottes Spuren festgestellt.
Ob er auch solche Halbschuhe trägt? ich weiß es nicht.