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Kirche in WDR 2 | 08.08.2016 | 05:55 Uhr
Gewohnheit kommt von wohnen
„Das ist doch bloß Gewohnheit“, sagen manchmal die Jüngeren, wenn es um den Glauben der Älteren geht. Sie meinen, es sei doch nur Gewohnheit, das mit dem Beten und Zur-Kirche-Gehen. Gewohnheit, das klingt ja auch irgendwie langweilig. So, als ob nichts los ist, als ob nichts Neues passiert.
Ich finde Gewohnheiten gar nicht schlecht. Und ja, ich gebe es zu: Ich bin ein Gewohnheitstier. Für mich kommt Gewohnheit von wohnen. Es gibt Geläufigkeiten, in denen bin ich zu Hause. Selbstverständlich brauche ich zum Glauben vor allem dies: Freiheit. Wenn es Freiheit gibt, sind Gewohnheiten gut. Wenn aber Zwang im Spiel ist, sollte man vorsichtig sein.
Mein Glaube trägt, auch wenn er längst zur Gewohnheit geworden ist: Ich „wohne“ dann in Gottes Gegenwart, bis ich „heimisch“ bin in seinem Geheimnis.
Gewohnheit ist alles andere als gewöhnlich oder nur äußerlich. So wie ein Gebirge die Summe von Bergen ist, so ist eine Gewohnheit die größtmögliche Gesamtheit von Wohnen, so wie ein Geheimnis die weiteste Vorstellung ist von heimisch sein und Heimat haben. Je mehr ich mir mein Beten zur Gewohnheit mache, desto mehr bin ich im Geheimnis Gottes zu Hause.
Erst wenn die Gewohnheit zwanghaft ist, wird sie abstoßend. Verliebte küssen sich hoffentlich gewohnheitsmäßig, aber niemals zwanghaft; zum Küssen gezwungen zu werden könnte sogar ziemlich widerlich sein. Wenn die Beziehung stimmt und die Freiheit steht, sind Gewohnheit und Ordnung eine große Entlastung. Nur was ich immer wieder in Freiheit tue, prägt mich von Herzen, durch und durch. Zum Glauben und Beten darf niemand gezwungen werden, aber es kann eine gute Gewohnheit sein.
