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Kirche in WDR 2 | 30.07.2016 | 05:55 Uhr
Kinoverkündigung
Sprung über den Schatten
O-Ton Nicht zu fassen: Jesse Owens hat einen weiteren Weltrekord aufgestellt. Mit einer Zeit von 22,6 Sekunden. Drei Weltrekorde hintereinander in gerade einmal 45 Minuten. Wer soll diesen Jesse Owens jetzt noch schlagen?
1935. In Deutschland sind die Nazis an der Macht. In Amerika schreibt Jesse Owens Leichtathletik-Geschichte. “Zeit für Legenden” heißt der Film, der seit Donnerstag im Kino läuft. Im Mittelpunkt ein dunkelhäutiger Ausnahme-Sportler, den es wirklich gegeben hat.
O-Ton Willst Du ’ne Goldmedaille gewinnen? ... – Klar doch! – Vielleicht in Berlin? ... – Man sagt, die hätten da drüben nicht viel für Farbige übrig. - ... Ist das ein Problem? – Nein, Sir, ich will nur laufen, Sir.
Doch da irrt Jesse Owens. Es gibt ein Problem: Längst haben Menschenrechtler zum Boykott der Spiele aufgerufen.
O-Ton Jesse! Du hast die einmalige Chance, ein Zeichen zu setzen. Unter dem Nazi-Regime dürfen wir nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen. Aus Solidarität mit den unterdrückten Menschen in Deutschland.
Sind das Gründe, um einem sportlichen Wettkampf fernzubleiben? Für Owens Coach nicht.
O-Ton Du hast die Chance, Geschichte zu schreiben. Und die willst Du einfach wegwerfen? – Weil ich für die Menschen ein Vorbild sein muss. – Das ist mir vollkommen egal..
Jesse Owens entscheidet schließlich im Sinne seines Trainers. Er fährt zu den Olympischen Spielen nach Berlin. Für ihn das ausschlaggebende Argument:
O-Ton Beim Laufen geht es nicht um Schwarz oder Weiß, nur um langsam oder schnell. Weder die Hautfarbe zählt da, noch Geld oder Hass.
Soll man Sportveranstaltungen aus ethischen oder politischen Erwägungen boykottieren? Darüber kann man sicher streiten. - Darf man aber einen anderen Menschen verfolgen, diskriminieren oder auch nur schief ansehen, nur weil er eine andere Hautfarbe hat? Das geht gar nicht, finde ich. Das war in der Nazi-Zeit falsch und das ist es auch heute. Jeder Mensch, egal welcher Hautfarbe, hat eine Gott-gegebene Würde!
Und trotzdem passiert mir das mit dem Schief-ansehen, vor allem seit den jüngsten Terrorakten. Angst und Ablehnung kommen in mir hoch, wenn ich einem Mann treffe, der arabisch-südländisch aussieht oder eine Frau, die voll verschleiert ist. Vor-Verurteilung statt Unschuldsvermutung. Auch das geht gar nicht. Da muss ich noch lernen, über meinen Schatten zu springen. Dabei vertrau ich auf Gottes Hilfe, um die ich bete.
Ob Jessie Owens 1936 auch über seinen Schatten sprang, weiß ich nicht. Sicher ist: Er bekam am Ende nicht nur eine Goldmedaille.
O-Ton Ladies und Gentlemen, wir haben einen neuen Weltrekord. Jessie Owens springt acht Meter 30.