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Kirche in WDR 2 | 11.01.2018 | 05:55 Uhr
Fahrradfahren
Letztens hab ich den kleinen Phil in unserer Nachbarschaft beim Fahrradfahren beobachtet.
Total faszinierend. Ein dreijähriger Junge mit seinem kleinem Kinderrad, der das erste Mal in seinem Leben ohne Hilfe Fahrrad fährt.
und immer wenn Phil vollkommen im Gleichgewicht war, hab ich in seinem Gesicht ein unendliches Glücksgefühl gesehen. Kinder können ja so hervorragend den Moment auskosten, als wäre es die Ewigkeit. Ich musste sofort an den Moment vor fast 48 Jahren denken, als ich damals auf dem Bauernhof meiner Eltern nach etlichen Schürfwunden und mehreren durchfahrenen Kuhfladen genau diesen Kick hatte. Dieses unglaubliche Glücksgefühl.
Diesen einen Moment konnte ich in der Qualität in meinem ganzen Leben zumindest beim Fahrradfahren nie wieder erleben, weil er zwar wiederholt werden kann, aber sich nie mehr so anfühlen wird wie damals auf unserem Bauernhof in der Warburger Börde.
Fahrradfahren lernt mal einmal im Leben und dann kann man es.
Da ist einmal der Groschen gefallen, und es klappt für immer.
Für mich war das mit Glauben und Beten genauso.
Oft höre ich Menschen in meinem Umfeld sagen:
„Als Kind hat meine Oma immer mit mir gebetet, das war ganz schön“
oder … „früher war ich ab und zu mal im Gottesdienst, aber weil ich als Kind dazu gezwungen worden bin, hab ich da jetzt auch keine Bock mehr drauf.“
So wie der sprichwörtliche Fisch kein Fahrrad braucht, brauchen ganz viele Menschen offensichtlich weder Kirche noch Glauben. Das kann tatsächlich auch so sein. Das Schöne ist aber doch die Möglichkeit, auch nach Jahrzehnten einfach wieder aufsteigen zu können… und ich bin mir sicher, dass weder der liebe Gott noch irgendein Zeitgenosse dann glaubt, sie hätten ein Rad ab. Aufsteigen und Losfahren ist jederzeit möglich. Fahrradfahren hat eben doch ganz viel mit Glauben zu tun.