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Hörmal | 03.06.2018 | 07:45 Uhr
Glaubensreise auf dem Reiterhof
Autorin: Muss Kirche eigentlich immer in der Kirche stattfinden? Wo die Holzbänke knarren und die Predigten oft so weltfremd sind, wie der Talar des Pfarrers? Nein, so muss es nicht sein. Finden einige Leute, die sich sonntags in einer Scheune am Niederrhein treffen - zum „Church Brunch auf dem Reiterhof“:
O-Ton: Wir sagen von uns selbst, dass wir die Kirche sind, die zu den Menschen geht. Die also nicht in einem ehrwürdigen Gebäude mit ehrwürdigen Ritualen darauf wartet, dass Leute von heute sich daran anpassen, sondern wir wollen versuchen, den Alltag mit einzubeziehen, in diesem Fall die Pferdeliebe, und die auf den Glauben zu übertragen.
Autorin: Für Sabine Budde-Hegmann ist klar: Passionierte Reiterinnen und Reiter sind sonntags (bei Sonnenschein) am liebsten draußen bei den Pferden. So wie sie selbst auch: Die erfahrene/langjährige Reitlehrerin, leitet heute ein Therapie- und Reitzentrum in Hünxe. Sie ist Trainerin für pferdegestütztes Coaching. Pferde sind für die 62-Jährige mit dem aufmerksamen Blick ein „Spiegel der menschlichen Seele“:
O-Ton: Wir sagen: Menschen mit der Liebe Gottes in Berührung bringen und dazu die Pferde benutzen ...
Autorin: ... „benutzen“ in dem Sinne, dass sie Menschen bei seelischen und körperlichen Erkrankungen Gefährten sind, oder bei Stress und Lebenskrisen.
So hat Angelika Kestering es erlebt. Sie erzählt davon beim Church Brunch des christlichen Reiterprojektes ChrisP, ein gemütliches Frühstück am Bierzelttisch mit offenen Stalltüren und Stroh an den Füßen:
O-Ton: Was Pferde mir geben können, ist es dieses Gefühl von Angenommen werden, und zwar in allen Emotionen, ob positiv oder negativ. - Sie bewerten mich nicht. Und ich denke, das ist das Heilsame und das Glück, das uns Pferde geben können.
(Intro Musik 4. O-Ton drunter) Darum geht’s auch im Glauben, in jeder Religion, dass man sich wünscht, angenommen zu werden.
O-Ton: „Ich wünsch’ dir Gottes Segen, Geborgenheit in Vater, Sohn und Geist, Glauben wie ein Feuer ...“
Autorin: Sogar fromme Lieder bekommen hier draußen einen neuen Klang. Alltagsglaube eben. Wie Jesus ihn gelebt hat, geboren in einem Stall. Er war zwar auch im Tempel hin und wieder. Meistens aber war er mittendrin und hat gepredigt, ganz ohne Pathos - bei den Frauen am Brunnen oder den Fischern am See: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (Math. 22, 39) etwa. Einer von diesen Sätzen, die jede Kirchenmauer sprengen. Auch bei der Andacht auf der Pferdekoppel ist von Liebe die Rede:
O-Ton: Eine Emotion, die eigentlich die göttliche Emotion schlechthin ist, ist das Verliebtsein. Gott liebt Menschen. Und das auch total irrational - so wie wir manchmal Pferde lieben.
Autorin: Ein Vergleich, den hier auf dem Reitplatz jeder versteht, denn sie alle investieren viel Zeit, Geld und Gefühl in die Beziehung zu „ihren“ Pferden. Und sonntags auch in ihren Glauben – beim Church Brunch auf dem Reiterhof.
Im Internet: www.chrisp.nrw und https://www.reitschule-brio.de
Bildzeile: Die Initiatorin von ChrisP, Sabine Budde-Hegmann, mit einem ihrer Pferde. Foto: Bettina v. Clausewitz