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Kirche in WDR 2 | 15.06.2018 | 05:55 Uhr
Monotheismus!?
Der Monotheismus, der Glaube an nur einen Gott, sei eine Quelle der Gewalt. Diese These des Heidelberger Ägyptologen Jan Assmann erregte international großes Aufsehen. Tatsächlich hat der Glaube an den einen einzig wahren Gott Menschen immer wieder dazu verführt, mit Gewalt gegen Andersgläubige vorzugehen. Inzwischen hat allerdings Jan Assmann selber seine Auffassung revidiert. Denn in Wahrheit ging es vorher bei den Stammesreligionen äußerst gewalttätig zu, weil überhaupt nur die Menschen des eigenen Stamms vor Gewalt geschützt waren. Menschen anderer Stämme hießen gar nicht Mensch und man konnte sie anstandslos töten. Erst der Glaube an den einen Gott, der alle Menschen aller Stämme geschaffen hatte, bot die Voraussetzung für so etwas wie universale Menschenrechte für alle Menschen. Es brauchte allerdings Jahrhunderte, bis diese Gedanken praktische Konsequenzen hatten. Erst das Christentum verstand alle Völker als gleich vor Gott und schuf so die Voraussetzung für Internationalität, die für uns heute so selbstverständlich ist. So wurde die Christianisierung der gewaltverherrlichenden Germanen, die sich vorher untereinander im Dauerkrieg befunden hatten, eine der großen zivilisatorischen Ereignisse der europäischen Geschichte.
Deswegen ist die Karlspreisverleihung in Aachen eine unfreiwillig komische Veranstaltung. Denn der Träger des renommierten Karlspreises muss sich vor allem durch eines auszeichnen: Er darf nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem Namensgeber des Preises haben. Karl der Große war ein Gewaltherrscher, der Europa mit militärischer Macht zusammengezwungen hat. Sein Sexualleben hielt jeden Vergleich mit Mick Jagger aus. Seine größte Leistung aber war die Christianisierung der Germanen, die dafür sorgte, dass die germanischen Völker sich nicht dauernd gegenseitig die Schädel einschlugen. Die Reichstheoretiker Karls des Großen priesen das Ergebnis: Es gebe nicht mehr Franken und Burgunder, Aquitanier und Alemannen, alle seien sie eins in der einen Kirche Christi. Durch die Christianisierung hat Karl der Große Europa geschaffen. Aber das darf man in Aachen nicht sagen, da da immer Franzosen im Raum sind, die streng auf eine Trennung von Kirche und Staat achten.
Wenn also Internationalität eine christliche Erfindung ist, dann haben Leute, die das christliche Abendland hochleben lassen und gleichzeitig brüllen „Deutschland, Deutschland über alles“ keine falsche Meinung, sie sind schlicht nicht richtig informiert. Deswegen ist es so wichtig, dass alle, denen die geistigen Fundamente dieser Gesellschaft am Herzen liegen, wissen, was wir alle, Christen wie Nichtchristen, dem Christentum verdanken. Ja, es gab Skandale in der Geschichte des Christentums und die darf man nicht beschönigen. Aber es wäre ein Skandal, wenn man die Geschichte des Christentums nur als Skandalgeschichte kennen würde.