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Kirche in WDR 2 | 22.07.2019 | 05:55 Uhr
Greta hat Geburtstag
Heute ist wieder Montag, und weil heute Montag ist, ist das Wochenende leider auch schon wieder vorbei. Tja.
Auch am Montagmorgen freut sich unser Hund wie jeden Tag, dass er lebt. Ich kann das zwar nicht genau sagen, weil ich Greta nicht fragen kann. Greta, liebst du das Leben? Ich kann sie aber beobachten. Und sie kommt morgens angelaufen. Sie sucht den Kontakt. Sie rudert mit dem Schwanz, wenn ich sie anspreche und Hallo! sage. Dann leckt sie meine Finger und meine Hand oder die Zehen. Und dann kitzelt das und dann merke ich, dass ich auch ganz schön gerne lebe.
Greta hatte Ende letzter Woche Geburtstag. Vor einem Jahr kam sie auf die Welt, vor zehn Monaten haben wir sie bei Dietmar und Manuela abgeholt. Wir haben gestern nochmal die ersten Fotos und Filmchen angeschaut. Greta, ein weißes blindes Knäuel. Greta, die Wollkugel mit dem rosa Halsband, die mit den Geschwistern durch den Garten flitzt. Die erste Fahrt im Auto. Heimweh nach der Mutter. Die Wohnung erkunden. Zum ersten Mal Gassi gehen um die Agneskirche herum.
Hättest du mir vor zwei Jahren vorausgesagt, dass ich mal einen weißen Pudel habe – ich hätte dir einen Vogel gezeigt. Heute fehlt mir was, wenn Greta mal nicht da ist.
So kanns gehen. Wie die tägliche Begegnung mit dem puren Leben das eigene Leben verändern kann – ich hätte das niemals für möglich gehalten. Wie ansteckend das Leben ist. Vor einem halben Jahr haben wir versucht, Greta den Sprung durch einen Reifen beizubringen. Ich erinnere mich noch genau, wie Greta im Flur sitzt und mich anschaut wie die aufmerksamste Schülerin der Welt. Ich hebe den Reifen. Ich suche den Blickkontakt mit Greta. Ich sage „Hopp!“ Wie wir es in der Hundeschule gelernt haben. Greta springt auf, rennt los – und läuft am Reifen vorbei. Na klar. Kluger Hund. Warum soll ich springen? Wird sie gedacht haben. Ich bin doch nicht doof. Was habe ich gelacht.
Viel haben wir mit Greta erlebt. Meistens sehr Lustiges. Viel haben wir aber auch von Greta gelernt: Wie wir gut kommunizieren. Wie wir eindeutig leiten und klare Zeichen geben. Wie sich der Hund auf uns verlassen kann und umgekehrt. Respekt und Geduld. Tolle Züchter. Eine tolle Trainerin. Und viele, viele Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer.
Ich habe an Gretas Geburtstag noch mal den ersten Schöpfungsbericht in der Bibel gelesen. Da steht: „Gott, der Herr formte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte sein Name sein.“
Zwei werden zum Schöpfer: Gott, der die Tiere erschafft und sie dem Menschen übergibt. Der aber wird auch zum Schöpfer, indem er den Tieren einen Namen gibt. Wer aber einen Namen trägt, ist nicht irgendwer. Sondern ein Jemand.
Zum Beispiel eine Greta Und mich hat Greta seit einem Jahr gelehrt, anders auf die Schöpfung zu blicken: In jeder Kreatur dem Göttlichen zu begegnen. Zu versuchen, jedem Leben mit Respekt zu begegnen. Mehr über biologische Zusammenhänge zu lernen. Die Natur wahrzunehmen und zu verstehen. Und vor allem: Wow, wie ansteckend das Leben ist. Auch an einem Montagmorgen.