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Kirche in WDR 2 | 22.10.2019 | 05:55 Uhr

Laut sein

Dieses Kind schreit mich an. Dabei will ich doch nur meine Ruhe. Ich sitze auf der Couch, schalte mich durch gefühlt 200 Fernsehkanäle und suche nach einem Programm, das mich interessiert. Hängen bleibe ich, natürlich, bei der Werbung. Und bei diesem Kind, das mich anschreit. Ihre Mama mag diesen Joghurt. Schreit sie. Und die Tante am liebsten diese Marmelade. Und das alles kommt in den Mixer. Brüllt sie. Und ich denke nur: Kann sie nicht bitte ruhig sein? Kann sie nicht.

Werbung muss laut sein. Bei mir hat es funktioniert. Dieses Kind ist mir immer noch im Gedächtnis. Unangenehm zwar. Aber den Markennamen habe ich behalten. Irgendwie scheint heute alles so zu funktionieren: Laut muss es sein. Schrill und auffällig. Nicht nur in der Werbung. Auch in der Politik. Inhalte müssen in Parolen passen. Nebensätze braucht kein Mensch. So bohrt man seine Ideen in die Köpfe der Menschen. Alles muss laut sein. Wir selber ja auch. Wer nicht untergehen will, muss sich anpreisen und jeden Tag was Neues posten - ein Foto, ein Spruch, egal – Hauptsache Likes! Laut ist gut. Und jeder muss mitmachen. Oder?

Neulich schlage ich die Bibel auf, das Buch des Propheten Jesaja. Altes Testament. Und ich lese von jemandem, den er „Knecht Gottes“ nennt. Von dem sagt er: Einen geknickten Halm wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. Ich frage mich: Wie vorsichtig muss man eigentlich sein, um das zu schaffen? Einen abgeknickten Strohhalm so in die Hand nehmen, dass er nicht ganz kaputtgeht. Eine Lampe, bei der der Docht gerade eben noch so glimmt, so tragen, dass sie nicht ausgeht. Das geht nur ganz behutsam. Langsam und konzentriert. Aufmerksam. Es würde bestimmt sehr viel Geduld und Kraft kosten. Und man hätte nicht mal was davon: Denn kaum jemand würde es überhaupt bemerken. Im allgemeinen Lärm würde es einfach untergehen. Zu leise. Unspektakulär. Und doch: Findet nicht gerade da, im Stillen, das wahre Leben statt? Das, was einen am meisten berührt und tief im Innersten trägt? Wenn einer behutsam die Hand eines anderen hält. Wenn jemand aufmerksam nachfragt, weil er merkt: der andere ist traurig. Wenn jemand einen anderen still in den Arm nimmt. Und schweigend zuhört bis spät in die Nacht. Ist das nicht das wahre Leben? Im Stillen?

Das Kind schreit mich an. Offensichtlich muss das so sein. Heutzutage. Aber was mache ich? Wenn alle schreien, schrei ich mit? Oder stütze ich leise und vorsichtig den geknickten Halm, damit er nicht ganz zerbricht? Wer oder was bin ich? Ein Schreihals? Oder "Knecht Gottes". Gute Frage.


Redaktion: Manfred Rütten


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