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Kirche in WDR 2 | 06.12.2019 | 05:55 Uhr
Der Nikolaus
Ich bin Judith Uhrmeister, guten Morgen!
Meine Tochter hat dieses Jahr zusammen mit ihrer Freundin ein Klo für den Nikolaus gebastelt.
„Ein Klo? Für den Nikolaus. Okay!“
„Ja klar, Mama“, hat sie
gesagt. „Wenn der so lange auf seinem Schlitten fährt, dann
muss der doch auch mal aufs
Klo gehen. Wie die Straßenbahnfahrerinnen in Düsseldorf. Die haben auch
Klohäuschen. Die stehen an der Bahnlinie und wenn der Fahrer muss, dann kann
der da rein gehen“.
Das leuchtet mir irgendwie
ein.
Du weißt ja, dass der
Nikolaus nicht wirklich hier vorbeikommt, oder?
„Ja, ja, das weiß ich, Mama! Das hast du mir schon tausendmal gesagt. Du steckst mir die Sachen in die Schuhe. Aber in Spiel kommt der Nikolaus doch. Und dann braucht er eben ein Klo, sonst macht er sich doch in die Hose“.
Sie lacht, wie man lacht, wenn
man Klowitze macht.
Wann habe ich eigentlich aufgehört so zu spielen?
Wann habe ich aufgehört,
mich so auf Geschichten einzulassen, dass sie im Spiel, wahr werden.
Bei meiner Tochter sagt
man: „Ponyhof“ und einen Moment später, ist das Wohnzimmer ein Ponyhof und der
Sessel ihr Pferd, das sie mit der Spülbürste (mit der sie eigentlich gar nicht
spielen darf) striegelt.
Und wenn man Nikolaus sagt,
dann dauert es keine zwei Sekunden und sie denkt darüber nach, dass
der ein Klo und was zu essen und einen
Parkplatz für seinen Schlitten braucht, dass die Stiefel vor die Türe gestellt
werden müssen, wo soll er sonst
die
Süßigkeiten reinstellen!.
Heute ist Nikolaustag.
Der Tag, an dem viele mit
ihren Kindern zusammen Nikolaus spielen. Und so die Geschichte eines Mannes
aufleben lassen, der sich in schwierigen Zeiten nicht davon abhalten lässt,
sich für seine Mitmenschen zu interessieren.
In seinem Land herrscht Hungersnot.
Den Menschen geht es schlecht.
Er sieht die Not der Menschen um sich herum und sucht nach Lösungen. Bis etwas passiert, das ihn auf eine ziemlich einfache, aber dennoch kreative Idee bringt.
Im Hafen seiner Stadt sind Schiffe eingelaufen, sie sind randvoll mit Getreide.
Wie wertvolles Gold, wenn
ein ganzes Land Hunger hat.
Aber das Getreide gehört
einem reichen Mann und der will, dass jedes Korn auf das Kilo genau bei ihm
ankommt.
Also macht Nikolaus mit den
Schiffsleuten einen Deal: Ihr gebt uns nur ganz wenig. Ein paar wenige Säcke.
Das wird euer Chef gar nicht merken und wenn doch, könnt ihr mich dafür zur
Verantwortung ziehen.
Was auch immer die Männer überzeugt hat, sie geben ihm die Säcke und auch was seine Prognosen betrifft, behält er Recht: Der Getreidebesitzer merkt nichts, die Menschen haben zu essen und sogar so viel, dass sie das restliche Getreide zum eigenen Anbau benutzen können.
Wie er das gemacht hat, und
warum es funktioniert, das bleibt sein Geheimnis.
Aber eigentlich wäre es
wirklich schön: Wenn heute etwas davon wahr werden kann: Dass es sich lohnt,
sich für seine Mitmenschen zu interessieren und wir erleben, dass die
Schokonikoläuse und die Nüsse und Mandarinen deutlich besser schmecken, wenn
sie uns ein anderer - eine andere schenkt.
Ich glaube zusammen mit dem
Nikolaus, dass es sich lohnt, sich umeinander zu kümmern, mit den anderen zu
teilen, und zu erleben, dass darin eine Kraft liegt, die uns als Menschen heute
hier verbindet.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius