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Hörmal | 02.02.2020 | 07:45 Uhr
Das Ding hat Zukunft
„Das Ding hat Zukunft.“
Der Schriftzug prangt auf einem Großplakat mit knallrotem Hintergrund. Ein echter Hingucker! Durch das Plakat zischt eine Rakete – dem Himmel entgegen. Raketen symbolisieren Zukunft. Sie sind unterwegs in unentdeckte Welten. Da muss die Freiheit ja grenzenlos sein.
Gerade in unserer digitalen Welt ist die Rakete das Zukunftssymbol. Denn: Dinge verändern sich mit einer rasanten Geschwindigkeit.
Das Ding hat Zukunft. Was für ein Ding ist denn gemeint auf dem Plakat? Und wie sieht der Weg in die Zukunft aus, von dem hier gesprochen wird?
„Das Ding hat Zukunft. Die neue Ausbildung in der Pflege ab 2020.“ Oha. Das wäre ja ein Ding. Wenn wir das hinbekommen. Die Pflege in den Krankenhäusern und Altenheimen zukunftsfähig zu machen. Da braucht man tatsächlich die Schubkraft einer Rakete. Denn vieles, was da bislang auf den Weg gebracht worden ist, sind eher Blindgänger oder Fehlzündungen.
Was ist denn jetzt gemeint mit der Zukunft der Pflege? Vielleicht die Werbung für eine neue Generation von Pflegerobotern? Die nicht nur auf Knopfdruck Geschichten vorlesen und auf Zuruf das Telefongespräch annehmen. Die mir aus dem Bett helfen und mich im Rollstuhl durch den Park schieben? Ist das die schöne, neue Pflege-Welt? Na, viel Vergnügen.
Aber das steht da gar nicht. Das Plakat wirbt dafür, dass Menschen sich ausbilden lassen für den Pflegeberuf. Unten steht das Logo – und der Slogan der Kampagne.
Das Logo: zwei fröhlich bunte Pflästerchen, die in Kreuzform übereinander geklebt sind.
Der Slogan: „Mach Karriere als Mensch.“
Das hat Zukunft: Karriere als Mensch. Als Symbol das Kreuz, das alte Zeichen der Kirche. Da bleibt mir für einen Moment glatt die Spucke weg. Das ist ja keine Werbung von Kirchens, sondern vom Bundesministerium.
Aber das ist ja genau richtig. Mach Karriere als Mensch. Digitalisierung hin oder her – oder gerade wegen der Digitalisierung. Wovon wir leben und wovon wir kaum genug kriegen können, ist doch die menschliche Zuwendung. Dass ich gesehen werde. Dass ich angesprochen werde. Dass ich berührt werde. Dass ich mich vertrauensvoll einlasse auf einen Anderen. In der Pflege – aber nicht nur da. Auch in der Schule, in der Arbeit, im öffentlichen Raum und zu Hause.
Mensch sein – im Zeichen des Kreuzes. Besser kann man das nicht auf den Punkt bringen. So ist Kirche gestartet, dafür steht das Kreuz: Gott ist nicht oben geblieben, er ist nah gekommen. Er teilt mit uns Freude und Leiden, Schmerzen und Schuld, Leben und Sterben.
Karriere als Mensch – kann man auch ohne Kreuz. Aber mit dem Kreuz kann man nicht anders. Das hat Zukunft.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius