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Kirche in WDR 2 | 24.04.2020 | 05:55 Uhr

Das wird man wohl noch sagen dürfen

Ja, es hat sie ohne Zweifel gegeben. In den vergangenen Wochen. Und es gibt sie immer noch. Sehr viel Solidarität mit all denen, die Corona besonders hart trifft. Doch es werden auch Risse sichtbar. Oder sollte ich lieber sagen: Gräben.

Einige sagen: Eine Rezession (Wirtschaftskrise) billigend in Kauf nehmen, nur um die Alten zu retten, von denen viele sagen: Ich will eh nicht mehr leben. Andere sagen: Was soll das Ganze. Die Alten überleben und die Jungen werden dafür krank: werden depressiv, suizidal, gewalttätig, nur weil man die Risikogruppen retten will.

Es wird also gerechnet, abgerechnet. Geld gegen Leben, Leben gegen Leben, Leben gegen Geld. Ganz nach dem fahlen Motto: Das wird man doch mal sagen dürfen.

Die Nerven liegen eh schon blank. Und jetzt ist auch noch Toleranz gefragt.

Toleranz. Höre ich jetzt immer öfter. Das Wort.

Und: Intoleranz. Auch. Manchmal beides zusammen. Toleranz der

Intoleranz. Ja, klar. Schon wichtig. Wegen der persönlichen Freiheit und so.

Na, ja. Staatlich ist die Sache in Deutschland ja Gott sei Dank geregelt: Die Meinung ist frei, solange ich das Volk nicht verhetze oder zur Gewalt aufrufe.

Und als Christ? Für mich heißt das: im Kontakt bleiben. Aushalten. Sagen, was ich denke. Was ich anders denke, glaube, will. Aber: bleiben. Beim Menschen bleiben.

Ehrlich gesagt: Oft habe ich keine Lust dazu. Habe keine Lust, mir Argumentationen anzuhören, die ich falsch, menschenverachtend oder zynisch finde.

Nur: gehen. Und dann im Kreis der Vertrauten, der Meinungsvertrauten oder derer, deren Meinungsabweichung ich noch so gerade ertragen kann, zu bleiben, hilft auch nicht weiter.

Jedenfalls dann nicht, wenn denn irgend etwas helfen soll.

Damit die Brücke bleibt zwischen: „Den Richtigen“ und „Den Falschen“.

Als Christ wird das nichts ohne die Liebe.

Die muss ich ja nicht entwickeln, zaubern oder sonst was.

Ich kann die finden, wahrnehmen wie man so sagt, in der Liebe, mit der ich geliebt werde. Von Gott in Jesus, in allen Menschen, die mich geliebt haben, mich lieben und mich lieben werden. Und in aller Schönheit der Schöpfung.

Klingt fromm. Ist fromm. Glaub ich so.

Am Ende kehrt das Licht zurück.

Und die Schönheit. Jede Nacht. Jeden Morgen. Für jeden Menschen.

Der oder die ist immer mehr als seine oder ihre jeweilige Meinung.

Das heißt nicht: Jeder kann jeden gemeingefährlichen Blödsinn mir gegenüber von sich geben und ich ertrage das alles.

Ich glaube: Nein sagen zu Menschenverachtung bleibt Christenpflicht. Laut und deutlich.

Nur, der Andere ist auch wie ich: Mensch Gottes.

Soviel mehr als seine Meinung.

Gott sei Dank.


Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius


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