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Kirche in WDR 2 | 03.07.2020 | 05:55 Uhr

Privatsache

Na wie war’s denn heute, frage ich meine Freundin Marie. Sie lacht. Endlich Ferien. Ich bin wirklich froh, dass dieses Homeschooling jetzt vorbei ist.

Marie hat drei Töchter und alle gehen zur Schule. Theoretisch, denn bis zu den Ferien hat Marie ihre Kinder selbst beschult. Und ganz nebenbei noch als Architektin das Geld verdient.


Meine Nachbarin ist Krankenschwester. Das ist ja ganz nett, dass alle für uns geklatscht haben, aber ob sich jetzt was ändert? Meine Nachbarin glaubt nicht daran. 80 Prozent in der Krankenpflege sind Frauen, in der Altenpflege noch mehr. Die Corona-Krise macht deutlich, viele Menschen in systemrelevanten Berufen werden vergleichsweise gering bezahlt. Und es sind zu 75 Prozent Frauen, die all diese lebensnotwendige Arbeit leisten: in der Pflege, im Einzelhandel, in den Putzkolonnen.


Und: Sie machen den Großteil der unbezahlten Arbeit zu Hause. Und jetzt kommen auch noch Homeschooling oder Kita-Ersatz on top. Ob verheiratet oder nicht, Teilzeit oder Vollzeit, Frau leistet stets mehr als der Mann. Insgesamt ist zwei Drittel ihrer Arbeit unbezahlt.


Alle reden jetzt darüber: Die Wirtschaft muss gerettet werden. Das Milliardenpaket ist geschnürt. Die Gruppe, die fast immer rausfällt, sind Frauen. Dabei sind sie ein großer Wirtschaftsfaktor. Sie haben aber keine Lobby, keine Interessenvertretung. Allenfalls hören wir verzagt ihren Ruf: Kitas und Schulen sollen wenigstens nach den Ferien wieder komplett öffnen. Sie wollen Normalität, Doppel- statt Dreifachbelastung.


Und jetzt, wo dank Corona die Belastung von Frauen ins Absurde steigt, bleibt das weiter ein scheinbar privates Problem von Frauen. Kleine Pflästerchen gibt es jetzt. Einmalig 300 Euro pro Kind und nicht für alle Frauen. Ein Witz gegenüber den Millionen und Milliarden für Lufthansa und Co. Und in der Politik wurde bereits ernsthaft darüber diskutiert, den Mindestlohn zu senken. Es ist eine Binsenwahrheit: Krisen verstärken alle bereits existierenden Ungleichheiten. Auch von Frauen. Und solange wir weiter so tun, als sei das alles Privatsache, wird sich auch nichts ändern.


Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius


https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-05/wirtschaftskrise-frauen-coronavirus-berufe-krankenpflege-altenpflege , zuletzt abgerufen am 3. Juni 2020



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