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Hörmal | 28.03.2021 | 07:45 Uhr

Der Sommer des Lebens

In den 80er Jahren nennt man sie eine Clique, 6 Freunde, sie stehen kurz vor dem Abitur. Sie beziehen gemeinsam ein altes Bauernhaus, um das Leben ihres Freundes Frieder zu retten. Der hat schon mal versucht, sich das Leben zu nehmen und gilt als gefährdet. „Auerhaus“ so heißt das Buch von Bov Bjerg. So nennen die Nachbarn das Domizil, weil man von außen oft diesen Song von Madness hört: Our House.


Die 6 Freunde lernen für Abi-Prüfungen, aber nebenher lernen sie zu leben, füreinander da zu sein, über das Leben und den Tod zu philosophieren. Sie erleben den Sommer ihres Lebens. Einer der Freunde sagt am Schluss: „Wir haben immer so getan, als ob das Leben im Auerhaus schon unser richtiges Leben ist, also ewig.“


Ist es ein solches Gefühl, was auch die Jünger Jesu am Palmsonntag haben – und in den Tagen danach? Haben sie nicht auch mit Jesus den Sommer ihres Lebens verbracht? Anders, unkonventioneller als all die anderen, die irgendwo als Fischer und Zimmerleute, Bauern und Handwerker leben? Und vielleicht hat auch die Clique um Jesus so getan, als ob das Leben auf der Wanderschaft schon das richtige, also das ewige Leben ist. Eine Zeit, die so gut ist, so tief, eine Zeit, die sie am liebsten auf ewig festgehalten wollen.


An Palmsonntag zieht Jesus mit seinen Freunden in Jerusalem ein, die Menschen bejubeln ihn als ihren König, endlich erkennen sie in Jesus den Messias, den Retter. So muss sich das angefühlt haben. Ein gutes Gefühl. Doch wenige Tage später erwacht die Clique aus diesem Traum. Der Sommer ihres Lebens scheint vorbei zu sein. Die Menschen, die am Palmsonntag noch Hosianna gerufen haben, brüllen jetzt laut „Kreuzigt ihn!“. Was die Jünger zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen können ist, was Auferstehung meint. Dass das vermeintliche Ende nicht das Ende ist. Dass Jesus wahr machen wird, was er ihnen versprochen hat, als er sagte: „Ich lebe und ihr sollt auch leben!“


Und wir? Wir dürfen jeden Sommer unseres Lebens, jeden Augenblick voll Glück, voll Hoffnung und Liebe, voller Sinn und Tiefe genießen und leben, als sei es für ewig. Aber gerade weil solche Momente meist von heute auf morgen enden, verspricht Jesus auch uns: Ich lebe und ihr sollt auch leben. Das vermeintliche Ende ist nicht das Ende! Auferstehung geschieht schon mitten im Leben, immer und immer wieder. Und Gott weiß, welche Sommer unseres Lebens noch darauf warten gelebt zu werden.



Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

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