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Kirche in WDR 2 | 17.07.2021 | 05:55 Uhr

Glück ist überschätzt

Wie geht das eigentlich? Ein erfülltes Leben. Ein glückliches Leben.

Klappt ja nicht immer- Allerdings: bei manchen mehr, bei anderen weniger.

Glück sei nicht wichtig, sagt George Vailant auf die Frage, was ein Menschenleben gelingen lässt. Eine Antwort, die überrascht.


Vailant ist Psychiater und leitete die so genannte Grant Studie.

In dieser Studie verfolgen Forscher seit 1937 die Entwicklung von 268 Harvard Absolventen der Jahrgänge 1939 – 1944, quer durch Krieg und Frieden, Karriere und Krankheit, Hochzeiten und Scheidungen. Eine Untersuchung zur aktuellen Lebenszufriedenheit von Studienbeginn bis zum Ruhestand. Sie suchten Antworten auf die Frage, was ein Leben gelingen lässt.


Allerdings: Was ist denn das überhaupt – ein gelingendes Leben? Das kann man ja sehr unterschiedlich sehen. Die Forscher sprechen von erfülltem Leben, wenn ein Mensch möglichst viele Bedingungen erfüllt, nämlich: alt ist und gleichzeitig körperlich und geistig weitestgehend gesund und wenn er zufrieden ist mit sich selbst.

Das Ergebnis nach 75 Jahren lautet nun: Den größten Einfluss darauf, ob ein Leben gelingt, hat Bindung. Sagt Vailant. Es gehe dabei nicht unbedingt um die Bindung zum Lebenspartner, sondern eher um die grundsätzliche Beziehung zu anderen Menschen, und zwar im Sinne von Einfühlsamkeit und der Bereitschaft im „Wir“ zu denken, statt nur im „Ich“. Glück, als momentaner Gemütszustand hingegen spielt kaum eine Rolle. Auch habe eine unglückliche und triste Kindheit wenig Einfluss auf die Zukunft. Denn: Viele Teilnehmer mit seelischen Problemen erholen sich im Laufe der Jahre. Die Spuren der schweren Kindheit verschwinden, haben keinen nachweisbaren Einfluss auf Zufriedenheit, Gesundheit und Lebenslänge. Gelingendes Leben, trotz schwerer Kindheit.


Ich finde das ermutigend. Denn ich glaube, dass es für Gott keine hoffnungslosen Fälle gibt. Auch die nicht, die aus hochbelasteten Familien kommen und deren Kinder schon lernen: „Ich bin Hartz IV“. Gott traut uns Menschen viel Entwicklung zu.

Offensichtlich zu Recht. Es ist eine Frage des Blickwinkels: Ich kann auf andere Menschen und auf mich schauen mit der Frage: Was habe ich, was haben sie, immer noch nicht geschafft oder ich nehme wahr: Das was jetzt ist, ist das, was ich, was sie bereits schaffen.

Und das ist – bei Licht betrachtet – in der Regel viel, und nicht selbstverständlich.

Und das Glück? Bleibt Glück, wenn es Glück ist. Nicht mehr und nicht weniger.

Was bleibt ist Beziehung. Bei Gott und den Menschen geht es um Bindung. Du und ich. Um Wir. Um mitfühlen. Das allerdings, kann Glück sein.


Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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