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Kirche in WDR 2 | 22.10.2021 | 05:55 Uhr
Du kannst etwas tun
Autorin: Die Flut. Hier bei uns im Westen Mitte Juli. Sie hat viele Orte schwer getroffen.
So wie Bad Münstereifel, ein bislang malerischer Ort in der Voreifel. Die Aufräumarbeiten laufen auf Hochtouren. Frank Raschke ist dort seit vielen Jahren Pfarrer.
O-Ton: Viele Menschen sagen sogar, Bad Münstereifel bauen wir schöner auf, als es vorher war. Bei den Menschen sieht es da schon ganz anders aus. Diese Flut kam so plötzlich, wie ein Tsunami und die Menschen haben viel Schlimmes sehen müssen. Nicht nur, dass ihr Hab und Gut und das, was sie so kannten, zerstört wurde. Nein, sie haben auch gesehen, dass Nachbarn ertrunken sind. Sie haben gesehen, wie Autos vorbeigeschwemmt worden sind, in denen Familien mit Kindern saßen. Sie konnten da nicht helfen. Das sind Bilder, die lassen die Menschen nicht los.
Autorin: Stichwort Traumatisierung. Das trifft nicht alle, aber viele haben das Gefühl der absoluten Hilflosigkeit erlebt.
O-Ton: Keiner wollte das, keiner konnte sich dagegen entscheiden und diese Hilflosigkeit hinterlässt Spuren.
Autorin: In Bad Münstereifel hat sich ganz schnell ein großes Netzwerk für Psychosoziale Hilfe aus privater Initiative gegründet. 65 Fachleute gehören inzwischen dazu. Und auch Frank Raschke ist mit vielen Betroffenen im Gespräch. Sich gegenseitig trösten, zusammen beten und auch weinen, das helfe. Menschen, mit denen er gesprochen hat, fragt er auch, ob er sie segnen darf.
O-Ton: Das ist oft sehr rührend, wenn ich ihnen die Hand auflege und einfach bitte, dass Gott ihren Weg weiterführt und sie segnet und ihnen Kraft gibt. Ich habe den Eindruck das hilft dann sehr in dem Moment.
Autorin: Vor der Flut hat Raschke selbst eine Katastrophe erlebt. Bei einer Vorsorgeuntersuchung kam die Diagnose Krebs. Er hat nichts gespürt. Von jetzt auf gleich ist er operiert worden.
O-Ton: Und nachdem ich aus dem Krankenhaus raus war, bin ich erst mal wie in ein tiefes Loch gefallen.
Autorin: Dann kam die Flut. Raschke will helfen, ist aber noch sehr schwach. Da hat er begonnen, Spenden zu sammeln. Sehr erfolgreich. Das Geld bekommen die, die es nötig haben, ohne Ansehen der Person, ohne Nachfragen nach Konfession oder Religion.
O-Ton: Diese Flut hat mir so etwas wie einen Kick gegeben. Mir hat dieses helfen dürfen selbst sehr geholfen. Es hat mich aus diesem schweren dunklen Loch, aus der eigenen Traumatisierung herausgeholt. Ich denke, dieser Satz „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ ist einfach eine wunderbare Botschaft, die gerade auch einen selbst in der eigenen Not tragen kann.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius