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Hörmal | 10.04.2022 | 07:45 Uhr
Begegnungen
Der letzte Rest ist mit etwas Mühe verstaut. Der Kofferraumdeckel geht zu. Da sehe ich, dass jemand auf dem Bürgersteig gerade am Wagen vorbeigeht. Ich erkenne den freundlichen älteren Herrn, der mit seinem kleinen Hund eine Runde dreht.
Auch er erkennt mich. Er kommt ganz freudig auf mich zu: „Tach, min Jong.“ Herzlich und herzhaft ergreift er meine Hand. „Lange nicht gesehen.“
Eine kleine Begegnung. Kein langes Gespräch. Aber eine herzliche Geste. Fröhlich geht er weiter. Auch ich bin freudig überrascht. Hätte ich nicht gedacht. Wir kennen uns kaum. Er wohnt zwar in der Nähe, aber nicht nah. Wenn weniger Virus und mehr Sonne da ist, sind wir uns häufiger begegnet - haben uns freundlich „Guten Tag“ gesagt, schon mal ein launiger, kurzer Wortwechsel. Das war`s.
„Tach, min Jong.“ Der Gruß kommt von Herzen. Der herzhafte Händedruck auch. Was für eine schöne Begegnung. Ich kann’s gar nicht für mich behalten. Muss es meiner Frau erzählen. Das „wärmt“ uns beide.
Begegnungen können Wärme und Licht in den Alltag bringen. Für einen überraschenden Moment schaffen sie Nähe, verändern uns. Für den jüdischen Philosophen und Pädagogen Martin Buber sind Begegnungen wesentlich für uns Menschen. „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“
Wenn sich zwei auf Augenhöhe begegnen. Wenn keiner den anderen zu etwas machen will. Wenn mir der andere zum Gegenüber wird - obwohl oder gerade weil er anders ist als ich selber. Wenn ich nicht bei mir selber bleibe, finde ich im „Du „des anderen mich selber. Das ist ein Geheimnis, sagt Martin Buber. In jedem „Du“erblicken wir „den Saum des Ewigen“.
So etwas geschieht. Das lässt sich kaum organisieren. Es ist häufig ein Augenblick. Man kann ihn nicht festhalten. Kann kaum beschreiben, was einem da widerfahren ist. Und doch zehrt man davon und sehnt sich danach.
Es ist eine meiner Lieblingsgeschichten in der Bibel. Wegen dem letzten Satz. Sie erzählt auch von einer solchen Begegnung. By the way treffen sich zwei, die sich nicht kennen und sich auch nie wieder begegnen. Aber es kommt zu einer Begegnung, die das Leben verändert. Der letzte Satz der Geschichte erzählt, was daraus erwächst: Er zog seine Straße fröhlich (Apg 8, 39). Einen fröhlichen Sonntag, wünsche ich Ihnen.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius