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Kirche in WDR 2 | 20.05.2022 | 05:55 Uhr

Schlachtfeld

Es ist eine vage Erinnerung aus meiner Kindheit. Ich sitze mit ein paar Frauen bei meiner Oma in der Küche, die Männer spielen im Wohnzimmer Skat. Eine sagt: „Und als es dann wieder passierte, musste ihre Mutter Klavier spielen …“ Danach Pause. Keine sagt etwas. Die Frauen schweigen und wechseln vielsagende Blicke. Als Kind habe ich überhaupt nicht kapiert, worum es da ging. Heute weiß ich es. Meine Mutter hat es mir irgendwann erzählt. Es ging um die Vergewaltigung einer jungen Frau. Sie war 18 oder 19. Sowjetische Soldaten haben sie vergewaltigt. Das war 1945.

30 Jahre später konnte man immer noch nicht so richtig darüber sprechen konnte oder wollte, war die Sache mit dem Klavierspiel ihrer Mutter eine Art Chiffre für das Grauen. Das Grauen, das sicher alle Frauen befällt, wenn es darum (um sexualisierte Gewalt) geht.

Heute hören wir wieder von solch grausamen Taten. Frauen werden gedemütigt, gequält. Nicht in weit entfernten Ländern, sondern mitten in Europa. Da ist die 14-jährige. Sie ist jetzt schwanger davon. Oder der elfjährige Junge, der vor den Augen seiner Mutter missbraucht wird. Menschenrechtler:innen haben von den schrecklichen Fällen in Butscha und anderen Orten berichtet.


Früher haben viele noch geglaubt, so eine Vergewaltigung im Kriegskontext ist ein individuelles Schicksal. Dass es eine:n dummerweise oder zufällig getroffen hat. Heute wissen wir viel mehr. Denn Vergewaltigen ist eine Waffe, eine Kriegsstrategie. Es geht darum, die feindliche Seite zu erniedrigen, zu zerstören. Das ist nicht erst seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine so. Massenvergewaltigungen haben im Bosnienkrieg stattgefunden oder durch Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Kennerinnen beschreiben das als Teil eines Genozids mit Beispielen aus Ruanda, Nigeria oder Kolumbien: „Unsere Körper sind euer Schlachtfeld“: So heißt das Buch einer britischen Journalistin. Sie gibt den Opfern eine Stimme.


Was in der Ukraine gerade passiert, kann doch eigentlich niemanden kalt lassen. Und dazu gehören auch Massengräber, Sprengfallen oder Landminen. Mobile Krematorien. Ich verstehe wirklich nicht, warum immer noch diskutiert wird, ob und welche Waffen wir liefern. Ob wir mit dem Kauf von Erdöl und Erdgas diesen Krieg weiter finanzieren wollen. Ja, unser Leben wird nicht einfacher und noch teurer werden. Aber was ist das im Vergleich zu dem Leben der Ukrainer und Ukrainerinnen? Egal, ob sie geflüchtet sind oder ihr Land verteidigen. Oder in irgendwelchen Kellern ausharren müssen, wo Essen und Wasser immer knapper werden.


Dietrich Bonhoeffer hat gesagt/geschrieben: „Es reicht nicht, die Opfer unter dem Rad zu verbinden. Man muss dem Rad selbst in die Speichen fallen.“ Das war 1933, als der von den Nazis geschürte Judenhass zum ersten Mal so richtig greifbar geworden ist. Und die große Mehrheit dazu geschwiegen hat. Damals hat sich abgezeichnet, dass aus Deutschland ein Unrechtsstaat wird. Ich finde die Worte des evangelischen Theologen sind aktueller denn je. Unrecht geschieht auch jetzt in der Ukraine. Deshalb finde ich, es ist das Mindeste, dass wir dem Rad in die Speichen fallen. Indem wir der Ukraine geeignete Waffen zur Verteidigung liefern. Nicht nur die Panzer, die hier keiner mehr will. Moderne werden dort dringend gebraucht. Und das Embargo auf das ausdehnen, was Russland wirklich trifft. Sein Öl und sein Gas. Denn es reicht nicht, die Opfer unter dem Rad zu verbinden.


Quellen:

https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-freitag-117.html (vom 9. April, zuletzt abgerufen am 27.4.22)

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/vergewaltigung-kriegswaffe-ukraine-krieg-russland-100.html (zuletzt abgerufen am 27.4.22)



Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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