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Kirche in WDR 2 | 21.05.2022 | 05:55 Uhr

Gnade vor Recht

Post aus Süddeutschland. Absender: ein Anwalt, dessen Name mir gar nichts sagt. Sicher nicht so wichtig, denke ich. Erst zwei Tage später öffne ich den Brief. Und erschrecke. Ein Verstoß wegen Nichtzahlung der Mautgebühr in Italien. Ich soll zahlen. Dank allerlei Gebühren und Auslagen hat sich die eigentliche Autobahngebühr verzehnfacht. Das kann ich jetzt gar nicht gebrauchen, wo eh schon alles teurer wird.


Ich krame in meinem Gedächtnis. Ja, da ist etwas gewesen, letzten August. Um zu tanken, müssen wir raus. Aber an der Ausfahrt keine Möglichkeit zum Zahlen. Nur die Schranke und eine Klingel. Also klingeln wir und weiter geht die Fahrt.


Ich denke, einen Versuch ist es wert und rufe den Anwalt an. Und – o Wunder – die nette Dame am anderen Ende hört zu und hat Verständnis. Ich muss nur die fehlende Autobahngebühr nachzahlen, plus Halterermittlung.


Sie hat meinen Tag gerettet. Zum einen wegen des Geldes. Aber auch, weil ich mich so freue, dass es das noch gibt. Mal Fünfe gerade sein lassen. Gnade vor Recht ergehen lassen. Das klingt vielleicht etwas pathetisch, aber sind wir nicht alle richtig glücklich, wenn es passiert? Wenn die Chefin einen nicht ständig daran erinnert, dass das letzte Projekt daneben ging. Wenn der Partner verständnisvoll ist, obwohl die neuen Schuhe sündhaft teuer sind. Wenn Lügen auffliegen und wir trotzdem noch Freunde bleiben.


Nicht, dass wir uns jetzt falsch verstehen. Recht und Gerechtigkeit sind ein hohes Gut. Und es sollte immer in den Händen der Betroffenen liegen, ob sie Gnade walten lassen oder verlangen, was ihnen zusteht.


Doch Gnade, gnädig sein, ist ein wichtiger Grundzug im menschlichen Miteinander. Schon die Bibel erzählt davon. Am schönsten vielleicht in der Geschichte vom „Verlorenen Sohn“ (Lukas 15). Der hat sich sein Erbe schon vor dem Tod des Vaters auszahlen lassen. Damit geht er ins Ausland und lebt in Saus und Braus. Klar, schon bald ist alles Geld futsch, verprasst. Eine Hungersnot bricht aus. Der Sohn erinnert sich an sein Zuhause und kehrt zurück. Sein Vater läuft ihm entgegen. Er könnte ihn jetzt zurechtweisen: „Was willst Du? Hau ab. Wir sind quitt.“ Aber das Gegenteil passiert: Er umarmt seinen Sohn und sie feiern ein großes Fest.


Gnade vor Recht: Sein Vater lässt ihn trotz seines Verhaltens nicht büßen. Obwohl es auch nach heutigen Maßstäben dumm und egoistisch war. Gnade vor Recht: Vielleicht haben auch Sie schon einmal jemanden glücklich gemacht, indem Sie auf ihre Ansprüche verzichtet haben? Oder denken bei der nächsten Gelegenheit darüber nach. Ich werde es versuchen. Und dabei an die nette Anwältin denken.



Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius


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