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Hörmal | 04.12.2022 | 07:45 Uhr
Hoffnungsblühen
Heute – am 04. Dezember – zünde ich nicht nur die 2. Kerze auf meinem Adventskranz an und lasse damit ein wenig mehr vom Weihnachtslicht in meine Küche und in mein Herz. Ich werde später am Tag auch noch ein paar Zweige von den Obstbäumen im Garten schneiden und ins Wasser stellen. Hoffnungszweige, die vielleicht – so die Hoffnung – am Heiligen Abend blühen: rosa und ganz leicht duftend.
"Du schienst wie tot. Aber du bist aufgeblüht zu schönerem Leben. So wird es auch mit meinem Tod sein. Ich werde zu neuem, ewigem Leben aufblühen!" (1) Als ich so ungefähr zehn Jahre alt war, habe ich diesen Satz in einem Kinderbuch mit Heiligenlegenden gelesen. Angetan hatte es mir damals die Geschichte von einer jungen Frau. Von Barbara.
In der katholischen Kirche ist Barbara eine Heilige. Aber auch in der evangelischen Kirche erinnern wir am 04. Dezember an Barbara; und zwar als Märtyrerin. Denn Barbara ist für ihren Glauben gestorben. Sie war eine mutige Frau mit Haltung – so die unaufgeregt evangelische Sicht.
Barbara hat im 3. Jahrhundert nach Christus in Nikomedien, dem heutigen Izmid in der Türkei gelebt. Schön soll sie gewesen sein. Und was sie in meinen Augen besonders macht: Sie hat sich gegen eine Welt gewehrt, in der ihre einzige Perspektive war: zu heiraten und Kinder zu kriegen.
Stattdessen hat sie sich für den christlichen Glauben interessiert und ist Christin geworden. Das passte Barbaras Vater gar nicht. Er war außer sich vor Zorn und fand, eine tote Tochter sei besser als eine lebendige Christin. Und so kam es dann auch. Er verriet seine Tochter und Barbara wurde zum Tode verurteilt.
Als Kind fand ich Barbaras Geschichte richtig traurig. Heute umso mehr, seit ich weiß, wie Mädchen und Frauen in aller Welt behandelt werden. Sei es als Christinnen, sei es als selbstständige, mündige Wesen mit Haltung und Mut.
Meine Barbarazweige schneide ich in diesem Jahr für meine Schwestern im Iran. Für Frauen, die ihre Meinung laut und deutlich sagen; die für „Frauen, Leben, Freiheit kämpfen“ und keine Angst vor Gefängnis und Tod haben. – Ich hoffe, dass die Zweige am Heiligen Abend dann blühen. Für die Frauen in Iran. Und für alle, die an ihrer Seite kämpfen.
Quellen:
(1) https://www.kathweb.de/lexikon-kirche-religion/b/barbara-hl.-4.-dezember.html (zuletzt aufgerufen am 11. November 2022).
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius