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Hörmal | 05.02.2023 | 07:45 Uhr
Großes entsteht aus Versagen
Also mit der Klostergründung von Wedinghausen in Arnsberg war das so: Das Adelsgeschlecht der Arnsberger war in Westfalen sehr bedeutend. Und da war es natürlich wichtig, dass der Besitz in der Familie blieb. Ein Stammhalter musste her. Den gab es. Das war Heinrich I. von Arnsberg. Allerdings hatte Heinrich I. Dreck am Stecken. Denn als er sich um besagtes Erbe mit seinem Bruder stritt, nahm er ihn gefangen und ließ ihn im Kerker verhungern.
Das war nicht die feine englische Art – und die sauerländische ganz bestimmt auch nicht. Zumal Heinrich seinen Bruder während eines Gottesdienstbesuches gefangen genommen hatte. Das war ein echtes Sakrileg. Und dafür musste Heinrich Buße tun.
Und so kam es, dass er das Kloster Wedinghausen stiftete und den Prämonstratensern gab. Mehr noch: Heinrich wurde selbst ein Laienbruder.
Jetzt könnten Sie sagen: Komische Bußübung. Wie kommt man denn auf so was?
Nun – so eine Bußübung hatte es in der Familie schon einmal gegeben: Das hing mit der Mutter von Heinrich zusammen, mit Jutta von Arnsberg. Sie war in erster Ehe mit einem anderen Adeligen verheiratet, mit Gottfried. Der gehörte zum bedeutenden Geschlecht der Cappenberger, mit Ländereien weit über Westfalen hinaus. Die Ehe war wahrscheinlich arrangiert worden, was nicht selten der Fall war zu dieser Zeit. Immerhin – das Geschlecht der Arnsberger und der Cappenberger zusammen hätten einen enormen Einfluss im damaligen Kaiserreich gehabt.
Nun wurde Gottfried auch ein Sakrileg unterstellt. Im Kampf um die Stadt Münster soll er den dortigen Dom in Brand gesetzt haben. Naja. Und Gottfried rettet seinen Kopf genauso wie Heinrich: Er stiftet ebenfalls ein Kloster – und zwar auch den Prämonstratensern und tritt dem ebenfalls bei. Das war im Jahr 1122. Und seine Frau Jutta von Arnsberg, die steckte er in ein Kloster in der Nähe. Aus der Traum von der großen Adelsfamilie, die zwei bedeutende Geschlechter vereint. Als Gottfried schließlich wenige Jahre später stirbt, tritt Jutta einfach aus dem Kloster aus und heiratet einen anderen Adeligen. So rettet sie schließlich die Erbfolge mit ihrem Sohn, dem besagten Heinrich.
Zwei Sakrilegien innerhalb von 50 Jahren in einer Familiengeschichte. Dazu noch Totschlag, Zwangsehe und erzwungener Klostereintritt. Da kann man natürlich sagen: Typisch Kirche, immer Dreck am Stecken, ob Brudermord, Brandstiftung oder Frauenunterdrückung. Allerdings muss man auch feststellen: Das Geschlecht der Arnsberger hat fortgelebt, dank Jutta, die offenbar sehr emanzipiert war. Und es hat zwei Klosterstiftungen gegeben, die weit über die Grenzen Westfalens eine Bedeutung gewonnen haben bis in die Gegenwart. Am besten, Sie besuchen einmal die Orte und schauen nach, was es da noch für kulturelle Schätze zu sehen gibt, gerade im Jubiläumsjahr in Wedinghausen.
Bemerkenswert ist doch: Trotz schwerer Vergehen kann auch noch etwas Großes entstehen. Und genau das tröstet mich etwas, nicht nur, wenn ich an mein eigenes Versagen denke.