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Kirche in WDR 2 | 18.03.2023 | 05:55 Uhr
Kinoverkündigung
Wie Sie sehen, ist der Kopf des weißen Mannes doch beträchtlich größer als dieser hier. Der Kopf eines Sann, auch Buschmann genannt. Vertreter dieser primitiven Stämme sind zu Gast für die Völkerschau des Kaisers hier bei uns in Berlin.
… verkündet voller Stolz der Ethnologe Professor Josef Ritter von Waldstätten. Die von ihm angesprochenen Angehörigen des afrikanischen Volks der Herero sind in seinen Augen vor allem eines: Studienobjekte:
Jeder Student bekommt ein eigenes Exemplar zur Erforschung.
Einer der Studierenden ist der Doktorand Alexander Hoffmann. Er bekommt eine Frau namens Kezia Kamwazembi zugewiesen, die sich – zu seiner Überraschung – sprach-begabt und selbstbewusst präsentiert.
Ich habe hier eine Liste mit Fragen vorbereitet. – Wir spielen und reden. Ein Gespräch, kein Studium.
Je länger Alexander mit Kezia zu tun hat, desto klarer wird ihm, dass das, was er an dieser Frau beobachtet und wahrnimmt, mit der herrschenden Rassenlehre nicht zusammen passt.
Frau Kamwasembi zeigt erstaunliche geistige Fähigkeiten und ich behaupte, dass ihr ein höherer Bildungsgrad nur durch äußere Umstände versagt blieb, nicht durch genetische Veranlagung.
Auch um ihn zu schützen, schickt der Professor den Studenten mit einer Expedition in die Kolonie. Der Doktorand soll vor Ort in Deutsch Südwest-Afrika Kunstgegenstände sammeln und noch mehr Köpfe von Angehörigen des Volks der Herero vermessen. Die Zahlen, die der Student später vorlegt, kommen dem Professor sehr ungelegen.
Haben Sie meine Messungen veröffentlicht? – Nein. – Die Köpfe der Herero sind nicht kleiner als unsere. – Ihre Zahlen stimmen. Aber wenn wir jetzt veröffentlichen, hat das katastrophale Folgen. – Für wen? – Für mich. Ich verliere Amt und Würden.
Um Gottes Willen. Gut, dass es andere gegeben
hat, die solche Erkenntnisse nicht zurück gehalten haben. Denn: Alle Menschen
sind gleich. Und für mich kann ich das auch direkt
aus der Bibel ableiten. In der
Schöpfungsgeschichte im Buch Genesis lese ich: „Gott schuf den Menschen nach
seinem Bild, als Mann und Frau schuf er sie.“ (Gen 1,27) Von weiteren
Differenzierungen ist dort nicht die Rede. Jeder Mensch hat die gleiche Gott
gegebene Würde. Auch der Apostel Paulus schreibt im Brief an die Römer: „Vor
Gott gibt es keinen Unterschied der Person.“ (Röm 2,11) Und er präzisiert im
Brief an die Galater: „Es gibt nicht mehr Juden oder Griechen, nicht mehr
Sklaven oder Freie, nicht mehr Mann oder Frau: Ihr seid alle eins in Christus!“
(Gal 3,28) Für mich ist das heutzutage schwer verständlich, dass Menschen
früherer Generationen das nicht aus der Bibel herauslesen konnten. Auch die
deutschen Kolonialherren zogen ja nicht selten mit der Bibel los. Aber: dass
vor Gott alle Menschen gleich sind – das ist für mich ein zentraler Satz für
unser Zusammenleben. Wie schön wäre es, wenn alle dieses Ideal teilen könnten.
Und im Großen wie im Kleinen dementsprechend handeln würden.