Beiträge auf: wdr2
Kirche in WDR 2 | 30.03.2023 | 05:55 Uhr
Krieg in der Ukraine
Über ein Jahr lang herrscht jetzt Krieg, etwas mehr
als zwei Flugstunden von uns entfernt. Und seitdem stelle ich mir wieder und
wieder die Frage, welche Haltung mein Glaube eigentlich fordert.
Natürlich darf sich jeder vor Ungerechtigkeit und Gewalt schützen.
Und andererseits ist die Haltungen von Jesus glasklar: Keine Gewalt. Auch keine
Notwehr. Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die
andere hin. Aber dieses Hinhalten ist ja auch nicht: nichts machen.
Denn bestenfalls wird genau das, also: -auch die andere Wange hinzuhalten-, den
Schlagenden so sehr irritieren, sodass er eben dadurch rafft, was er eigentlich
macht. Und bestenfalls beendet genau das die Gewalt. Was mache ich aber, wenn
der Zuschlagende sich in seiner Argumentations-Welt so eingekapselt und
verstiegen hat, dass den gar nichts mehr erreicht und schon gar nichts mehr
irritiert?! … und sich der Zuschlagende auch noch mit seiner brutalen Gewalt im
Recht sieht, wenn er vergewaltigt, Kinder entführt oder Kindergärten und
Krankenhäusern bombardiert?!
Jesus hat in vielen, unfassbar weisen und hilfreichen Geschichten beschrieben,
wie wir miteinander umgehen sollen. Wie wir helfen können, eine Welt zu
erschaffen, in der es uns allen gut geht. Eine Geschichte ist die vom
barmherzigen Samariter. Der sieht jemanden, der überfallen wurde und halbtot am
Boden liegt und der Samariter geht eben nicht vorbei, sondern hilft dem. Aber
was wäre denn, wenn eben genau dieser Samariter ein paar Minuten früher
gekommen wäre?! Was wäre denn, wenn der Samariter die Räuber noch sieht, wie
sie den Menschen überfallen und zusammenschlagen?! Was macht der Samariter denn
dann?! Warten, bis sie fertig geprügelt haben und dann helfen? Soll das die
geforderte Nächstenliebe sein? Oder ist das dann nicht schlicht und ergreifend
einfach verweigerte Hilfeleistung?
Je mehr ich mir angesichts dieser Frage mein Gehirn verknote, desto mehr taucht
für mich die Frage auf: Vielleicht geht es weniger darum, „was ich mache“,
sondern eben auch darum „warum ich es tue?“. Was ist mein Motiv?! Und hat das,
was mich motiviert, mit wirklicher Nächstenliebe und Wohlwollen zu tun?