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Kirche in WDR 2 | 01.04.2023 | 05:55 Uhr
Kinoverkündigung
Für Paula ist der Fall klar: Sie will eine Hauptfigur werden. Paula träumt von einem Leben im Glamour, von einer eigenen Storyline und aufregenden Filmszenen. Von einem Leben anders als das ihrer Mutter.
Das ist meine Mutter. Also nicht die da vorne, die da hinten, die mit dem Schirm und dem Koffer in der Hand. Meine Mutter ist eine Nebenfigur, also sie arbeitet im Hintergrund. Sie ist also in vielen verschiedenen Szenen.
“The Ordinaries” ist ein Film, der die Gesetze des Filmemachens auf das Leben an sich überträgt. Es gibt Hauptfiguren und Nebenfiguren. Und es gibt die Outtakes, Menschen mit Filmfehlern, mit falschen Schnitten und verpixelten Gesichtern, Menschen am Rand. Paulas Vater soll bei einem Massaker von Outtakes umgebracht worden sein. Aber irgendwas stimmt nicht an der Geschichte. Bei der Suche nach ihrer Herkunft und Flashbacks von ihrem Vater findet Paula im Archiv nur eine leere Schachtel. Ihre Nachforschungen führen sie zu den Outtakes. Doch Paula findet keine gefährlichen Rebellen, sondern gebrochene Figuren mit echten Gefühlen. So wie Simon. Der will ihr ein Geräusch schenken.
Ich hab genug Geräusche! Ich bin eine Hauptfigur! - Oh! - Also fast! - Ich will auch ne Hauptfigur werden. Ich spar sogar drauf! Ich weiß, was Du jetzt denkst! Also wie soll jemand wie ich jemanden für seine Szene ... Ich mach wahrscheinlich jede Szene kaputt!
Paulas Ausflug ins Outtake-Gebiet kommt natürlich raus! Ihr Lehrer ist entsetzt!
Es ist verboten, sich ohne Rolle im Outtake-Viertel aufzuhalten! - Das war meine Idee, das mit dem Outtake-Viertel! Ich dachte, wegen den Gefühlen, ich dachte, da könnte sie Angst finden! - Wenn Du Angst willst, kannst du einfach nachts auf die Straße gehen. Das Pack kriecht ja schon aus allen Löchern. Es macht ja keiner was dagegen! - Ist ja gut jetzt, Leon! - Na, ist doch so! - Das ist kein Ort für eine Hauptfigur. Wir gehen da nicht hin.
So ist “The Ordinaries” ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Denn auch bei uns ist vieles durchstrukturiert und eingeteilt. Es gibt die da oben und die da unten, die Klugen und die Dummen, die Reichen und die Armen, die Gesunden und die Kranken, die mit dem großen Namen und die anonymen Nummern.
Aber wie wäre es, Menschen würden sich nicht gegenseitig in Schubladen stecken und ausgrenzen.
Wie wäre es, Jesus hätte recht mit seiner Zuwendung zu allen Menschen, gerade zu denen am Rande, den Verachteten, den Outtakes. “Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken”, hat er mal gesagt. Und: “Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder” (Mt 9,12f).
Wie wäre es, es gäbe nicht Hauptfiguren und unter ihnen Nebenfiguren unter ihnen. Und Outtakes ganz außen vor. Alle sind wir Hauptfiguren in den Augen Gottes!