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Hörmal | 23.04.2023 | 07:45 Uhr
Ein Buch zum Georgstag
Bei wenigen ist das so schillernd wie beim Heiligen
Georg. Der ist gleich Patron von mehreren Ländern auf der Welt: England trägt
das rote Georgskreuz auf weißem Grund im Wappen. Georgien ist gleich nach ihm
benannt. Und auf der Reichenau im Bodensee ist heute großer Inselfeiertag. Im
Jahr 900 soll der Kopf dieses legendären Heiligen hierher gelangt sein. Seit
damals ist der 23. April Feiertag auf der einstigen Mönchsinsel, die war einst
so bedeutend, dass ihr bedeutende Reliquien geschenkt wurden – wie der Kopf des
Heiligen Georg.
Über das Leben des Heiligen ist so wenig bekannt, dass die katholische Kirche ihn 1969 aus dem offiziellen Heiligenkalender gestrichen hat. Aber: Schon 1975 wurde er wieder aufgenommen. Zu beliebt ist der Heilige Georg. Er zählt zu den „14 Nothelfern“. Beliebt ist er vor allem wegen der Legende mit dem Drachen. Wobei: Die wurde ihm erst sehr spät dazugedichtet, in der Zeit der Kreuzzüge. Seitdem gilt Georg als das Idealbild des edlen christlichen Ritters, der es sogar mit ‘nem Drachen aufnimmt.
Besonders beliebt ist die Legende in der Gegend von Barcelona. Überall findet man den Heiligen Georg da abgebildet, oder „St. Jordi“, wie er in Katalonien heißt. Im Dörfchen Montblanc, eine Autostunde von Barcelona entfernt, soll der Heilige Georg einst eine Jungfrau davor bewahrt haben, einem Drachen geopfert zu werden, indem er das Ungetüm mit seiner Lanze tötete. Und aus der Blutlache des Drachen soll eine Rose gewachsen sein.[1]
Und deshalb schenken die Männer in Barcelona noch heute den Frauen am Georgstag Rosen. Aber nicht nur das.
Genau heute vor hundert Jahren kam noch was dazu. Ein katalanischer Buchhändler nämlich hatte 1923 einen genialen Einfall: Womit könnten sich die Frauen bei den Männern für die Rosen revanchieren? Nun – man muss wissen, dass heute der Todestag ist von zwei der berühmtesten Schriftstellern der Weltgeschichte: Heute starb Spaniens Nationaldichter Miguel Cervantes und William Shakespeare. Und der Buchhändler aus Barcelona dachte sich: ein gutes Buch den beiden zu Ehren am Georgstag, das wär’s doch. Und die Idee hat eingeschlagen: Zunächst in Barcelona: Wo sich heute die Altstadt in einen riesigen Bücherflohmarkt verwandelt: Jedes zehnte Buch im Jahr in Barcelona wird heute verkauft, rund 400.000 Stück.[2] Und weil das in Barcelona so gut ankam, hat sich das mit dem Buchtag auch international durchgesetzt. 1995 wurde der Georgstag offiziell von der Unseco zum Welttag des Buches ausgerufen.
Und das gefällt mir. Wer Bücher liest, der ist nicht kopflos. Der kann sich in Reiche hinweglesen, in denen Drachen existieren, oder Oger, oder Dementoren. Im Lesen entstehen eigene, neue Welten. Und es erschließt sich ein Verständnis der Welt. Daher: Feiern Sie den heutigen Georgstag doch, indem Sie mal nicht zum Handy greifen, sondern zu einem Buch. Es muss ja nicht gleich Shakespeare sein.
[1] https://weitblick.bistum-eichstaett.de/tag/hl-georg/
[2] Ebd.