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Hörmal | 07.05.2023 | 07:45 Uhr
Weg vom Panik-Zeitgeist
Manchmal wünsche ich mir einen inneren Panzer um die Nachrichtensendungen zu überstehen: all die Krisen und Kriege und Hiobsbotschaften, die plötzlich auf meinem Sofa Platz nehmen. Weg damit! Ich kann‘s nicht mehr hören! – und doch will ich natürlich wissen, was in der Welt los ist, und mich engagieren.
Diesen Impuls kennen offenbar auch diejenigen, die ganz nah dran sind. Als professionelle Überbringer*innen der schlechten Nachrichten. Nicht verwunderlich eigentlich und doch ein bisschen überraschend. So hat Tagesschau-Sprecher Constantin Schreiber vor kurzem das alltägliche Gewitter von Angstmache und Weltuntergangsszenarien kritisiert - auch in den sozialen Medien übrigens. Schreiber nennt das treffend einen „Panik-Zeitgeist“.
Oder anders gesagt: Überall wird der Teufel an die Wand gemalt. Bad News sind Good News, so funktionieren die Medien. Der Wunsch des Nachrichtenmannes Constantin Schreiber deshalb: mehr von Menschen zu erzählen, „die Chancen und Möglichkeiten in den Vordergrund stellen“ - von guten (!) Entwicklungen also. Er selbst hat für sich gelernt, die Panikmache auf Abstand zu halten: bei Ausflügen in die Spiritualität, in die Musik oder die Natur etwa. Und auf Reisen.
Bad News in Good News zu verwandeln, darin ist der ehemalige Kunstturner Samuel Koch Experte. Vor laufenden Kameras ist er 2010 in der Fernseh-Show „Wetten dass…“ verunglückt. Seitdem ist der heute 35-Jährige vom Nacken an gelähmt. Zu seinem Rollstuhl hat er eine Hass-Liebe entwickelt, wie er es nennt. Und trotzdem: „All eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch“, für Samuel Koch ist das zu einem Schlüsselsatz aus der Bibel geworden, aus dem 1. Petrusbrief (5,7). Nicht dass Gott einen vor Unglück bewahrt, das hat er ja selbst erlebt, aber er weiß sich von ihm geliebt und nicht allein gelassen in Frust und Schmerz und Verzweiflung. Du kannst ihm all das vor die Füße werfen und sagen: Mach was draus!
Für Samuel Koch ist aus den Bad News des Unfalls über die Jahre ein neues Leben entstanden: als Schauspieler und Autor, der anderen aus seinem Glauben heraus neuen Lebensmut geben will. „Schwerelos“ heißt sein aktuelles Buch, der Untertitel „Wie das Leben leichter wird“. Darin spielt ein Heißluftballon eine zentrale Rolle, als Sinnbild des Lebens. Der Ballon lässt sich nur dann behutsam steuern, wenn man Ballast abwirft: Stress, Angst, Selbstzweifel etwa. Und gleichzeitig die vielen Auftriebskräfte stärkt: Dankbarkeit, Humor, Vergebung und Glauben. Alle Sorgen auf Gott zu werfen, ohne inneren Panzer, und dann den Blick „auf neue Chancen“ zu richten“, einen Versuch ist es wert, finde ich. Weg von Panik-Zeitgeist und Resignation.
Buchhinweis:
Samuel Koch: schwerelos. Wie das Leben leichter wird. adeo Verlag 2023, 208 Seiten, 20.-Euro
Constantin Schreiber: Glück im Unglück. Wie ich trotz schlechter Nachrichten optimistisch bleibe. Hoffmann und Campe Verlag 2023
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius