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Kirche in WDR 2 | 10.05.2023 | 05:55 Uhr
Dorfleben
Als ich 2017 von Münster nach Nottuln zog, haben mich viele gewarnt: „Michaela, Du bist ein Stadtmensch!“ Und sie haben wohl damit gemeint, dass ich Cafés und Konzerte und Ausstellungen mag und Flohmärkte, Trödelhändler und Abwechslung und alles das. Und sie haben gefürchtet, dass ich das eben schmerzlich vermissen würde, wenn ich es nicht mehr direkt vor der Tür habe. Tue ich nicht.
Ich schätze das einander grüßen und dass ich hier kaum fluche beim Autofahren, einfach, weil die Straßen nicht so voll sind. Ich liebe das eine kleine Café bei mir direkt nebenan, bei dem der Kaffee optimal schmeckt und die Atmosphäre eine gute ist. Und die Buchhandlung, in der man mich kennt und auch meine Vorlieben. Und vor allem schätze ich diese Anpackmentalität, die sich hier immer wieder Bahn bricht. Da bauen Bewohner*innen einen Dorfladen auf, damit man vor Ort einkaufen kann. Da werden Buddelvereine gegründet, damit das schnelle Internet auch die entlegenen Ecken erreicht. Und zuletzt bin ich sogar selbst ins Kneipengeschäft eingestiegen, wenn auch eher passiv. Ich habe mich einer Initiative in meinem Nachbardorf Darup angeschlossen, die da lautete „Wir kaufen unsere Kneipe“. Und was soll ich sagen: Mit vereinten Kräften hat das geklappt, die Eröffnung war vor einigen Wochen. Das Dorf hat wieder einen Ort für Zusammenkünfte – vom Beerdigungskaffee über Doppelkopfrunden bis zur Goldhochzeit.
Viele meiner Freunde trauen dem Braten noch immer nicht. Befürchten, dass ich zu rosarot sehe, mir was vormache mit meinem Dorf-Wohlfühl-Dasein. „Aber wird auf dem Land nicht auch ziemlich viel getratscht?“ fragen mich die Städter. „Immer noch besser, als einander nichts zu sagen zu haben“ antworte ich dann mit einem Augenzwinkern.