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Kirche in WDR 2 | 24.08.2023 | 05:55 Uhr

Immer ist irgend etwas

Je älter ich werde, desto häufiger frage ich mich das.

Ist das normal? Immer ist irgend etwas. Oder ist es normal, wenn nichts ist. Ist bei anderen weniger als bei mir? Und warum ist das so? Bin ich schuld, mein Karma oder der Herr persönlich.

Ich erinnere mich an die vergangenen Jahre. Immer ist etwas gewesen in den Ferien. Im Winterurlaub ruft die Oma an und sagt, der Opa hat wahrscheinlich Krebs. Im Sommerurlaub ruft meine Schwägerin an und sagt, die Oma Mutter ist schon wieder im Krankenhaus. Das Jahr darauf ruft mein Bruder auf dem Campingplatz an und sagt, unser Vater ist gestürzt. Immer ist was – das ist doch nicht normal - wie soll man sich da erholen? Und jetzt? Jetzt sind alle tot – die Eltern und die Schwiegereltern – endlich entspannt Urlaub machen. Nee, da war doch noch was! Stimmt immer ist was – in diesem Jahr auch – Gott sei Dank nur Blechschaden.

Immer ist was – kennen Sie das auch? Von der Arbeit? Endlich ist der unangenehme Kollege weg und jetzt? Wird die Stelle erstmal nicht besetzt. Die Abteilung steht Kopf - der Vorstand schweigt. Noch mehr Arbeit auf unbestimmte Zeit – och nee, und jetzt auch noch Urlaubssperre!

Immer ist was – in der Schule. Endlich ist das Kind die unangenehme Kollegin in Mathe los – aber nein, das darf doch nicht wahr sein. Dafür ist Herr X wieder im Stundenplan aufgetaucht. Und der wollte das Kind doch schon mal wegmobben.


Immer ist irgend etwas – das kennen Sie doch auch! Und wie gehen Sie damit um? Bewahren Sie die Ruhe, warten erstmal ab und regeln, was zu regeln ist? Oder regen Sie sich auf, machen sich unendlich viele Sorgen und sind schon am Ende, bevor die Katastrophe sich katastrophal entwickelt hat.

Also, je älter ich werde, desto mehr verstehe ich, dass immer etwas ist. Ein Leben ohne Probleme gibt es nicht – egal, wie privilegiert man ist. Die Vorstellung normal ist, wenn nichts ist, ist vollkommen absurd. Das würde ja heißen, normal ist, wenn immer alles ziemlich gut, läuft: die Beziehung, die Arbeit, der Nachwuchs, die Gesundheit, die Freundschaften ... .


Nein, normal ist, dass immer etwas ist. Und: Man hat ein Leben lang Zeit, sich daran zu gewöhnen. Je früher, desto besser, weil man spart Zeit und Nerven! Immer ist etwas – das ist Leben – so wie unser Herr Gott es gewollt hat. Ansonsten hätte er ein Leben erschaffen, wo immer „nichts“ ist. Das klingt jetzt flapsig, ich meine es aber tot ernst. Denn es geht um mein Leben, mein Seelenheil. Und wenn Sie wollen, auch um Sie und Ihr Seelenheil. Ihre Zufriedenheit mit dem „So – Sein“ des Lebens. Dass eben immer irgend etwas ist.


Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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