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Kirche in WDR 2 | 07.10.2023 | 05:55 Uhr
Nach mir die Sintflut
Als Sie heute Morgen beim Wachwerden an die Decke geguckt haben, haben Sie da auch gedacht, die ist aber wirklich gut gestrichen! Hat sich doch gelohnt, dass ich mir so viel Mühe gegeben habe?
Wenn es so oder ähnlich gewesen ist, dann sind Sie nicht allein! Viele haben in den vergangenen Jahren in die eigenen vier Wände investiert. 93 Prozent der Deutschen geben an, es sich zu Hause so schön wie möglich zu machen. Nicht ganz freiwillig, sondern aufgrund fehlender anderer Möglichkeiten in den letzten drei Jahren. Und dabei hat so mancher festgestellt: Ist doch ganz schön zu Hause!
Mehr Zeit mit der Familie und Freunde im Garten zu treffen ist auch ganz nett, kommt endlich der neue Grill zum Einsatz!
Während das Glück in der privaten Wohlbühl-Oase gefunden wird, verdunkelt sich der Blick, wenn er sich außerhalb der vier Wände orientieren muss. Das Vertrauen in staatliche Organe, Parteien, Vereine und die Kirchen sowieso ist auf einem nie da gewesenen Tiefpunkt. Das sich die vielen anstehenden Probleme auch nur ansatzweise in Zukunft lösen lassen, meinen die wenigsten.
Im Gegenteil: Weniger als die Hälfte ist der Meinung, dass ein persönliches Engagement entscheidend helfen würde, um die gesellschaftlichen Herausforderungen zu stemmen.
Ich finde: Das ist eine Katastrophe biblischen Ausmaßes. Eine Formulierung, die sich in den letzten Wochen angesichts des Wechsels von brütender Hitze und sintflutartigen Regenfällen in der Berichterstattung festgesetzt hat, die aber auch für die Haltung gelten kann „Nach mir die Sintflut“.
Kurzer Reminder:
In der biblischen Erzählung überlebt ein gewisser Noah mit seiner Familie eine große -von Gott initiierte Flut- bei der es 40 Tage ununterbrochen regnet und der Wasserspiegel über 150 Tage ansteigt, so dass sogar die Bergspitzen überspült werden. So viel zum Thema „biblisches Ausmaß“.
Die Erzählung hat allerdings einen theologischen Ertrag, der unbekannter ist, gleichwohl bedeutsamer: Am Ende der Geschichte überdenkt Gott sein Verhalten noch einmal kritisch und gibt zu verstehen, dass er so etwas nicht noch einmal tun wird. Gott ist zu einer anderen Einsicht gekommen: In Zukunft will ich nicht mehr vernichten, sondern retten.
Die Menschen sollen nicht ängstlich in die Zukunft schauen und von wechselnden göttlichen Befindlichkeiten abhängig sein, sondern von Gott und der Zukunft das jeweils Beste erwarten. Vielleicht doch eine Motivation, dass ein persönliches Engagement -an welcher Stelle in unserer Gesellschaft auch immer- nicht umsonst, sondern gut für unsere Zukunft ist.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius