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Kirche in WDR 2 | 19.10.2023 | 05:55 Uhr

Angesehen werden

„Dreh dich nicht um!“, sagt ihre Freundin.

„Wieso?“, fragt sie.

„Da, rechts von dir sitzt einer, der guckt schon die ganze Zeit zu uns ‘rüber.“

Natürlich dreht sie sich dann doch um. Sofort weiß sie, wen ihre Freundin meint. Zwei Tische weiter sitzt der Typ und denkt wahrscheinlich, sein Blick würde lässig wirken. So richtig männlich.

Etwas missmutig wendet sie sich wieder ihrer Freundin zu. Dabei hat der Abend so schön begonnen! Endlich haben sie mal wieder Zeit gefunden, sich zu treffen. In Ruhe zu quatschen über alles. Hier, in dieser Kneipe, die sie beide so mögen. Und in der man eigentlich auch ganz gemütlich sitzen kann. Wenn einen nicht die ganze Zeit so ein Blödmann von der Seite angafft.

Sie linst noch einmal vorsichtig in seine Richtung. Unverändert. Er hat immer noch diesen Blick drauf. „Ganz schön unverschämt“, denkt sie. „Die ganze Zeit so penetrant zwei Frauen anzustarren. Dem ist wohl nie was peinlich.“ Mit diesem Gedanken wechselt sie den Platz, so dass sie dem Mann nun den Rücken zukehrt.

Allerdings ist er damit zwar aus ihrem Blickfeld verschwunden. Aber nicht aus ihrem Kopf. Im Gegenteil: Sie bekommt mit der Zeit immer mehr das Gefühl, dass die Blicke dieses Mannes sie genau zwischen den Schulterblättern treffen. Keine angenehme Vorstellung.

Sie kommt sich total beobachtet vor. So wie früher, als sie noch klein war. Da hat ihr Großvater manchmal gesagt: „Der liebe Gott sieht alles!“ Eine Mahnung sollte das sein, damit sie nicht heimlich irgendetwas anstellt. Aber für sie sind diese Worte bedrohlich gewesen. „Der liebe Gott sieht alles!“ Sie hat sich dann regelrecht bespitzelt gefühlt. Durchschaut bis in die letzten Ecken. Keine Geheimnisse mehr möglich, nichts Persönliches, was einem allein gehört, was niemand anderes weiß und worauf niemand sonst Zugriff hat.

„Der liebe Gott sieht alles.“ Was hat das eigentlich mit Liebe zu tun, wenn Gott alles sieht? Hat sie sich mit der Zeit gefragt. Sie wünscht sich Liebe jedenfalls ganz anders. Nämlich so, dass sie angenommen wird, wie sie ist. Auch mit ihren Geheimnissen. Einschließlich den Dingen, über die sie mit niemandem sprechen will. Nicht mal mit ihrer Freundin. So möchte sie angesehen werden, mit einem solchen offenen, annehmenden, liebevollen Blick.

Was der Großvater ihr leider nicht gesagt hat: Genauso schaut Gott sie an. Überhaupt nicht bespitzelnd. Sondern genauso, wie sie es sich wünscht. Mit einem offenen, annehmenden, liebevollen Blick. So schaut Gott jeden Menschen an. Auch Sie. Auch mich. Und dich.



Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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