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Kirche in WDR 2 | 06.11.2023 | 05:55 Uhr
Unser Martin heißt Ezzhadin
Aber ich habe in diesem Jahr noch etwas gelernt über den neben Nikolaus vielleicht berühmtesten Heiligen. Und das habe ich vorher noch gar nicht gewusst. Oder haben Sie schon mal von Martins kleiner kriminelle Vergangenheit gehört? Und dass diese Vergangenheit mit seiner guten Tat zu tun hatte? Und das kam so:
Die Legende sagt: Schon Martins Vater ist ein römischer Soldat gewesen. Und er hat seinen Sohn „Martin“ genannt. Darin steckt der Name vom römischen Kriegsgott „Mars“. Und dieser Name bedeutet so viel wie „Kriegsmann“. Vermutlich ist Martins Vater also selbst ein leidenschaftlicher Soldat gewesen. Und hat es nicht schlecht gefunden, dass sein Sohn dasselbe macht wie er. Stationiert war Martin ist in Amiens, im heutigen Frankreich. Und dort ist er am Stadttor einem Bettler begegnet. Und der hat ihn so angerührt, dass er mit ihm seinen Mantel geteilt hat. Aber: Seine gute Tat hat einen Haken gehabt: Es war nämlich nicht sein Mantel, sondern der Mantel hat dem Militär gehört. Somit eigentlich dem Kaiser. Und deswegen sagt die Legende, dass Martin wegen seiner Tat nicht nur von den anderen verspottet worden ist, sondern sogar für drei Tage im Gefängnis gelandet ist, weil er den Mantel, der dem Kaiser gehört hat, kaputt gemacht hatte. Als Martin den Mantel geteilt hat, hat er ihn also quasi umgewidmet. Aus einem Kriegsgerät hat er etwas gemacht, womit ein anderer überlebt hat.
Die Geschichte von Martin ist also vor allem eine Hoffnungsgeschichte. Ich finde, sie sagt: Die Welt könnte auch ganz anders sein, als sie uns oft erscheint. Am Freitag zieht auch bei uns in Köln ein Martinszug durchs Agnesviertel. Und als wir überlegt haben, wer der Martin sein könnte, da ist uns Ezzhadin eingefallen. Weil dort Krieg ist, ist er vor einiger Zeit aus Syrien geflüchtet. Und hat nach einer langen Odyssee ein paar Monate bei uns im Kirchenasyl gelebt. Er lernt fleißig deutsch und hat nur einen Wunsch: Hier zu arbeiten und mit seiner Familie in Frieden zu leben. Ezzhadin wird also am Freitag die Uniform eines römischen Soldaten anziehen. Und später am Martinsfeuer seinen Soldatenmantel teilen und ihn einem von uns umlegen. Unser Martin: Ein Syrer, der die Bomben satt hat. Er sagt: „Die Welt könnte auch ganz anders sein. Ein Kriegsgerät kann eine Decke werden.“ Nicht nur am Martinstag. Und nicht nur an einem Montagmorgen.