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Kirche in WDR 2 | 17.01.2024 | 05:55 Uhr

Schneeengel

„Oh, es schneit!“ „Oh nee, Schnee!“ In etwa so hat sich das angehört, als ich mit drei Freundinnen am späten ersten Adventsabend aus dem Haus gegangen bin. Die drei waren im Team Begeisterung, ich im Team „Das muss doch nicht sein.“ Sie denken bei weißen Flocken an Schneeengel, ich an Oberschenkelhals.

Für mich ist Schnee einfach nur Regen, der Probleme macht. Weil er nicht nur nass ist, sondern dazu auch noch kalt und glatt. Ich kann schwer die Freude nachvollziehen, die Schnee bei so Vielen von groß bis klein auslöst. An diesem Abend war es wie so oft: wir haben herzlich darüber gelacht, dass wir da so unterschiedlich ticken. Und zugleich wundern wir uns regelmäßig: Wie kann das sein, dass ein und dasselbe Wetterphänomen bei uns so unterschiedliche Reaktionen hervorruft? Dass wir einander nicht begreiflich machen können, was für uns an Schnee so faszinierend bzw. furchtbar ist?

Und dann habe ich einen Text von Hartmut Rosa gelesen. Der ist ein gefragter Soziologe. Weil Hartmut Rosa es versteht, Dinge gut auf den Punkt zu bringen. Er beschreibt Schnee zunächst als etwas Scheues, Seltenes, das uns besuchen kommt, das sich herabsenkt und die Welt um uns herum verwandelt. Okay, mit dieser romantischen Idee hat er mich noch nicht gekriegt. Diese Erzählungen kenne ich zu gut. Davon, dass alles so still ist, wenn’s geschneit hat und so schön hell. Da kontere ich mit lauten Martinshörnern nach den ersten schlimmen Stürzen und grauem Matsch nach nur zwei Stunden.

Aber dann schreibt Hartmut Rosa: Der Schnee ist geradezu die Manifestation des Unverfügbaren: Wir können ihn nicht herstellen, nicht erzwingen, nicht einmal sicher vorherplanen. Und mehr noch: Wir können uns den Schnee nicht aneignen: Wenn wir ihn in die Hand nehmen, zerrinnt er uns zwischen den Fingern, wenn wir ihn ins Haus holen, fließt er davon und wenn wir ihn in die Tiefkühltruhe packen, hört er auf, Schnee zu sein.

Da habe ich dann aufgehorcht. Zu wissen, dass etwas unverfügbar ist, das halte ich nämlich für sehr bedeutsam. Gerade in unserer hochtechnisierten Zeit ist das wichtig zu wissen: Wir müssen mit Unverfügbarkeiten leben. Oder dürfen. So gesehen kann ich dem Schnee doch was abgewinnen: Als eine Erinnerung an das, was wir nicht einfach kaufen, herstellen oder konservieren können. Wir sind auf Geschenke angewiesen. Allem voran auf Begegnungsgeschenke: Wie gut tut es, von anderen Menschen gesehen zu werden. Gehört. Gefühlt. Und wie bedeutsam ist es für spirituelle Menschen, wenn sie sich in Kontakt fühlen, mit sich, mit Gott. Das sind die unverkäuflichen Lebensmittel, aus denen wir leben.

Hartmut Rosa schreibt, dass jede Lebendigkeit, jedes Berührt-Sein, ja jede wirkliche Erfahrung dadurch entsteht, dass wir dem Unverfügbaren begegnen. Und dem kann ich viel abgewinnen. All das, was ich nicht „machen“ kann – vom Lachkrampf bis zum sich geborgen fühlen, das sind die Erfahrungen, die tragen.

Der Winter dauert noch an. Und weil der Schnee für mich jetzt eine Erinnerungsfunktion bekommen hat, sehe ich den nächsten Flocken zumindest gelassener entgegen. Den Schlitten hole ich nicht gleich raus. Aber ein „schon schön“ kommt mir womöglich bei nächster Gelegenheit über die Lippen. Mal sehen, wann es so weit ist.



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