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Kirche in WDR 2 | 24.01.2024 | 05:55 Uhr
Vom Guten des Schlechten
Was soll ich machen? Ich ärgere mich eben.
Also nörgele ich so vor mich hin. Ausdauernd. Meine Familie findet das nicht so
schön. Das gemeinsame Abendessen hatten sie sich anders vorgestellt. Aber ich
kann nicht anders, irgendwie. Es sind aber auch Sachen passiert in letzter
Zeit, das geht auf keine Kuhhaut: Wir haben uns ein Haus gekauft. Toller
Garten, gute Lage. Und nicht gar nicht mal so teuer: Wir können es uns gerade
so noch leisten. Alles super, Familie glücklich. Aber dann geht es los: Am
ersten Tag nach dem Einzug fällt mir ein Fenster entgegen, einfach so vom Wind.
Eine Woche später ist das Esszimmer überflutet. Das Dach ist undicht und muss
neu. Dann tropft es aus der Heizung. Und noch mal ein paar Tage später: Starkregen.
Der ganze Keller unter Wasser. Gerade eingerichtet. Alles kaputt. Was soll man
da für eine Laune haben? Da meckert man eben: „Was für ein Mist! Wenn ich das
vorher gewusst hätte!“ Irgendwann sagt mein Siebenjähriger: „Papa, ich bin froh, dass wir das alles nicht
vorher gewusst haben.“ „Wie meinst du das?“, frage ich. „Ja“, sagt er, „Wenn
wir das vorher gewusst hätten, dann hätten wir das Haus nicht gekauft und
könnten hier nicht so glücklich sein.“ Ok, so
kann man es also auch sehen. Und irgendwie stimmt es ja: Es sind nicht immer
die geraden und angenehmen Wege, die einen ans Ziel bringen. Oft braucht es
Umwege, Rückschläge und Enttäuschungen, damit man am Ende sagen kann: So ist es
gut. In der Bibel steht die Geschichte von Josef. Der wurde gehasst,
geschlagen, halb umgebracht. Dann als Sklave verkauft, unschuldig ins Gefängnis
gesteckt. Und am Ende dieses schrecklichen Weges ist er der Vizekönig von
Ägypten. Er schaut zurück und fasst sein Leben zusammen: „Ihr wolltet es
schlecht machen“, sagt er. „Aber Gott wollte es gut machen.“ Vom Ziel her, in
der Rückschau, entscheidet sich wohl erst, wozu etwas gut gewesen ist. Ob dieser
Schritt auf dem Lebensweg, der mir schwer, gemein und unsinnig vorkommt, nicht
doch am Ende ein Schritt in die richtige Richtung ist. Vielleicht sogar der
entscheidende. Manchmal nicht. Oft aber schon. Viel hängt davon ab, ob ich
vertrauen kann,
dass ein schwerer Weg vielleicht
doch zu einem guten Ziel führt. Ich habe mal den Satz gelesen: „Am Ende wird alles
gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.“ Hm.
Hoffentlich gilt das auch für Häuser. Und das Leben insgesamt.
Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth